Wer sich nachts vor einer Diskothek mit einem aggressiven Unbekannten auf eine Schlägerei einlässt, hat keinen Anspruch auf Leistungen des Opferentschädigungsgesetzes wegen der bei der Schlägerei erlittenen Verletzungen. Das hat das LSG Nordrhein-Westfalen in einem am Montag veröffentlichten Urteil entschieden.
Wer eine Schlägerei beginne, so das Landessozialgericht (LSG), gefährde sich leichtfertig selbst und handele grob fahrlässig. In einem solchen Fall schließe das Opferentschädigungsgesetz Entschädigungsleistungen aus (Urt. v. 17.02.2012, Az. L 13 VG 68/11).
Der 1977 geborene Mann aus Duisburg hatte im Januar 2010 nachts vor einer Diskothek in Duisburg eine Schlägerei mit einem amerikanischen Soldaten begonnen, dem Zeugen eine Statur "wie Mike Tyson" bescheinigt hatten. Schon zuvor war es in der Diskothek zu Rangeleien mit dem äußerst aggressiven Amerikaner gekommen. Dieser entpuppte sich zudem als geübter Kampfsportler. Es schlug den Kläger nach Ausbruch der Schlägerei schnell bewusstlos und versetzte ihm schließlich nach einer kurzen Pause Serien von Fußtritten gegen den Kopf, um ihn zu töten. Der Täter floh in die USA, ein Mittäter wurde wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren und neun Monaten verurteilt. Das Opfer erlitt einen Schädelbruch und überlebte die schwere Attacke nur knapp. Der Mann leidet heute noch unter Gedächtnis- und Sprachstörungen sowie Angstattacken.
Gegenüber der Entschädigungsbehörde und dem Sozialgericht argumentierte er, die brutalen Tritte nach seiner Bewusstlosigkeit seien nicht vorhersehbar und seinem Verhalten nicht mehr zuzurechnen gewesen. Die Unterbrechung des Geschehens vor der Serie von Tritten habe zu einer Zäsur geführt. Danach sei die Situation rechtlich neu zu werten. Das LSG ist dieser Ansicht ebenso wenig gefolgt wie vor ihm die Entschädigungsbehörde und das Sozialgericht. Eine Schlägerei bilde das Musterbeispiel einer gefährlichen Situation, deren Ausgang nicht vorhersehbar sei. Der Kläger habe daher auch mit schweren Verletzungen rechnen müssen.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
age/LTO-Redaktion
LSG Nordrhein-Westfalen zum Gewaltschutz: . In: Legal Tribune Online, 02.04.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/5926 (abgerufen am: 13.11.2024 )
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