Die GroKo hat nach langen Diskussionen die Pflegereform auf den Weg gebracht. Das Kabinett billigte am Mittwoch die Gesetzespläne von Gesundheitsminister Spahn. Pflegekräfte sollen ab September 2022 generell nach Tarif bezahlt werden.
Kurz vor der Bundestagswahl haben Union und SPD mit der Pflegereform noch ein zentrales Vorhaben angestoßen. Am Mittwoch billigte das Kabinett die Gesetzespläne. Doch es gab bereits Kritik an den Plänen von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU).
Nach langem Streit um bessere Löhne und Arbeitsbedingungen sollen Pflegekräfte generell nach Tarif bezahlt werden müssen. Die Regelungen sollen ab September 2022 gelten. Außerdem sehen die Pläne vor, Pflegebedürftige von immer weiter steigenden Zuzahlungen für die Pflege im Heim zu entlasten. Dafür sollen sie ab Januar 2022 Zuschläge bekommen, die den Eigenanteil für die reine Pflege senken. Der Eigenanteil für die reine Pflege soll schon im ersten Jahr im Heim um fünf Prozent sinken, im zweiten Jahr dann um 25 Prozent, im dritten Jahr um 45 Prozent und ab dem vierten Jahr um 70 Prozent.
Der Bundestag soll die Pflegereform voraussichtlich noch im Juni beschließen. Zur Gegenfinanzierung soll der Bund ab 2022 einen Zuschuss von jährlich einer Milliarde Euro für die Pflegeversicherung geben. Zugleich soll der Zuschlag für Kinderlose beim Pflegebeitrag um 0,1 Punkte auf künftig 0,35 Prozentpunkte angehoben werden. Damit steigt der Beitrag für sie von 3,3 auf 3,4 Prozent des Bruttolohns.
Spahn verteidigte die Pläne gegen Kritik. Das Pflegepaket löse nicht alle Probleme, gehe aber doch zwei entscheidende Dinge an, sagte er am Mittwoch im WDR: "Eine regelhaft bessere Bezahlung in der Altenpflege für alle Pflegekräfte, die dort nicht nur in der Pandemie, sondern auch vorher schon jeden Tag Großartiges, Wichtiges leisten. Und gleichzeitig keine Überforderung, Überlastung von Pflegebedürftigen vor allem bei längerer Pflegebedürftigkeit."
Tariflohn derzeit nur für die Hälfte der Pflegekräfte
In der Altenpflege mit rund 1,2 Millionen Beschäftigten bekommt laut Arbeitsministerium nur knapp die Hälfte Tariflohn. Ein Anlauf für einen Tarifvertrag, den die Regierung für die gesamte Branche verbindlich machen wollte, war zu Beginn des Jahres 2021 gescheitert.
Die jetzige Pflegereform sieht vor, dass Versorgungsverträge ab dem 1. September 2022 nur noch mit Pflegeeinrichtungen abgeschlossen werden dürfen, die nach Tarifverträgen oder mindestens in entsprechender Höhe bezahlen.
Die selbst zu zahlenden Anteile für Pflegebedürftige im Heim steigen seit Jahren, sie lagen zuletzt bei 2.068 Euro pro Monat im Bundesschnitt. Es gibt aber große regionale Unterschiede. Enthalten ist darin zum einen der Eigenanteil für die reine Pflege. Denn die Pflegeversicherung trägt – anders als die Krankenversicherung – nur einen Teil der Kosten. Für Heimbewohner kommen aber noch Kosten für Unterkunft, Verpflegung und Investitionen in den Einrichtungen dazu.
Geplanter Bundeszuschuss reicht "nie und nimmer"
Der Sozialverband VdK kritisierte die Reformpläne: "Heimbewohnerinnen und Heimbewohner werden mehr Geld zahlen müssen. Es kann nicht sein, dass die Kosten für mehr Personal und notwendige Lohnsteigerungen nun vor allem an ihnen hängenbleiben", sagte Präsidentin Verena Bentele den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Der geplante Bundeszuschuss von einer Milliarde Euro reiche "nie und nimmer".
Der bayerische Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) sagte gegenüber der dpa, die Pflegebedürftigen in Deutschland hätten eine deutlichere Entlastung verdient und "es wäre Aufgabe des Bundesfinanzministers gewesen, einen entsprechenden Bundeszuschuss bereitzustellen."
Der Chef der Krankenkasse DAK-Gesundheit, Andreas Storm, warnte ebenfalls vor einer unzureichenden Finanzierung der Reform: "Für das Jahr 2022 zeichnet sich schon jetzt ein Defizit von zwei Milliarden Euro ab." In der Folge drohten Beitragssteigerungen, so Storm.
fkr/dpa/LTO-Redaktion
Kabinett beschließt Pflegereform: . In: Legal Tribune Online, 02.06.2021 , https://www.lto.de/persistent/a_id/45109 (abgerufen am: 25.11.2024 )
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