Teure Jugendkriminalität in Essen: 14-Jähriger unter Dauerobservation

20.05.2014

Ein jugendlicher Intensivtäter treibt die Stadt Essen zu ungewöhnlichen Maßnahmen. Da er immer wieder teils schwere Gewaltdelikte begangen hat, wird er seit vier Wochen rund um die Uhr bewacht - von einer privaten Sicherheitsfirma, für 1.500 Euro pro Tag. Damit könnte bald Schluss sein, denn der Junge hat vor Kurzem seinen 14. Geburtstag gefeiert. Jetzt kann er auch strafrechtlich belangt werden.

Im Bereich der Kinder- und Jugendkriminalität gebe es in etwa eine Dreiteilung, erklärt die Essener Polizei auf Anfrage: Ein Drittel der Täter werde durch die vereinten Anstrengungen von Polizei und Jugendamt gut erreicht und kehre relativ schnell in die Legalität zurück. Ein zweites Drittel werde zwar wiederholt straffällig, gleite aber zumindest nicht in schwerere Kriminalitätsformen ab. Die letzten 33 Prozent schließlich erreiche man schlecht bis überhaupt nicht; sie durchliefen oft eine kriminelle "Karriere".

Fast schon eine vierte Kategorie dürfte allerdings der deutsche Junge mit russischen Wurzeln begründen, der seit vier Wochen rund um die Uhr unter Bewachung steht. Er könne sich an keinen zweiten, so extremen Fall von kindlicher bzw. jugendlicher Kriminalität erinnern, erklärte ein Sprecher der Essener Polizei gegenüber LTO.

Der Junge sei erstmals im Alter von elf Jahren und seitdem über 30 weitere Male durch Straftaten auffällig geworden, darunter Diebstähle, Raubtaten und gefährliche Körperverletzungen mit einem Messer. Bereits mit 13 habe er eine Bande von Straftätern im Alter von 15 bis 16 Jahren angeführt und sei von diesen trotz des Altersunterschieds als Rädelsführer akzeptiert worden.

Geschlossenes Heim wollte Betreuung nicht fortsetzen

Angesichts der erheblichen Bedrohung für die Öffentlichkeit habe man sich entschieden, den Jungen unter Überwachung zu stellen, erklärte eine Sprecherin der Stadt Essen. Zahlreiche Versuche im Rahmen der Jugendarbeit seien vorangegangen, aber erfolglos geblieben. In offenen Kinderheimen habe der Täter "einmal geduscht und warm gegessen" und sei wieder verschwunden. Ein geschlossenes Heim, welches bereits auf Intensivtäter spezialisiert sei, habe sich schließlich geweigert, ihn weiter zu betreuen, da die Gewaltdrohungen gegen andere Bewohner des Heims und das Personal untragbar geworden seien.

Die jetzige Dauerobservation sei Teil eines Pakets von Maßnahmen, zu dem auch regelmäßige Besuche von Mitarbeitern des Jugendamts zählten, und das letztlich eine erneute Heimunterbringung vorbereiten soll. Auf Nachfrage erklärte die Essener Polizei, dass Observationen zwar oft, aber nicht zwangsläufig durch Polizeibeamte durchgeführt würden. Da die Observation mit Zustimmung der Eltern erfolge, sei es zulässig, diese auf einen privaten Dienstleister auszulagern. Die Kosten für den Steuerzahler entstünden so oder so, denn auch Polizeibeamte, die zur Überwachung abgestellt würden, müssten schließlich bezahlt werden.

Die Stadt räumt ein, dass man die Überwachung nicht endlos aufrecht erhalten könne, auch wenn man noch keine konkreten Angaben zu ihrem Ende machen will. Sollte der Jugendliche erneut straffällig werden, so wäre dies erstmals auch ein Fall für die Gerichte: Er ist vor Kurzem 14 Jahre alt geworden und gilt somit nach § 19 Strafgesetzbuch (StGB) nicht länger als schuldunfähig.

cvl/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

Teure Jugendkriminalität in Essen: . In: Legal Tribune Online, 20.05.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/12023 (abgerufen am: 15.11.2024 )

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