Der Islamist Ahmad Al Faqi al Mahdi ist wegen der Zerstörung von Weltkulturerbe vor dem IStGH zu neun Jahren Haft verurteilt worden. Im Prozess hatte er die Tat gestanden. Das Urteil kann nach Meinung von Experten weitreichende Wirkung entfalten.
Es ist ein historisches Urteil: Zum ersten Mal ist ein Dschihadist wegen der Zerstörung von Weltkulturerbe vor dem Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) schuldig gesprochen worden. Das Gericht verhängte am Dienstag über den geständigen Ahmad Al Faqi al Mahdi eine Haftstrafe von neun Jahren (Urt. v. 27.09.2016, Az. ICC-01/12-01/15).
Es war auch das erste Mal, dass ein Angeklagter vor dem IStGH seine Schuld zugab. Al Mahdi war vorgeworfen worden, an der Zerstörung der Wüstenstadt Timbuktu im westafrikanischen Mali durch die Dschihadisten-Milliz Ansar Dine beteiligt gewesen zu sein. Diese hatte die Stadt im Sommer 2012 eingenommen und mittelalterliche Heiligengräber sowie eine Moschee zerstört, welche zum Weltkulturerbe zählten. Dessen Zerstörung ist ein Kriegsverbrechen, welches mit einer Höchststrafe von bis zu 30 Jahren geahndet werden kann. Inzwischen ist die Stadt von den Islamisten befreit worden, die zerstörten Mausoleen konnten wieder aufgebaut werden.
Videos, welche die Zerstörungsakte an den Monumenten zeigen, hatten den damaligen Chef der Moralpolizei von Ansar Dine überführt. Er soll die Durchführung geleitet und sich auch selbst aktiv beteiligt haben.
Mildernd berücksichtigte das Gericht, dass der etwa 40-jährige al Mahdi im Prozess ein umfassendes Geständnis abgelegt hatte. Dabei hatte er, der seine Taten früher mit der "Verteidigung des wahren Islam" gerechtfertigt hatte, Reue gezeigt und um Vergebung gebeten. Er rief Muslime in aller Welt auf, seinem Beispiel nicht zu folgen.
Ein exemplarisches Urteil
Die Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur (Unesco) begrüßte das Urteil als "wegweisende Entscheidung". "Absichtliche Angriffe auf die Kultur sind Kriegswaffen in einer weltweiten Strategie der kulturellen Säuberung" teilte die Organisation am Dienstag in Paris mit. Auf der ganzen Welt fallen immer wieder bedeutende Kulturgüter dem Wüten religiöser Fanatiker zum Opfer. In jüngerer Vergangenheit erregte die Zerstörung von Tempeln und anderen historischen Bauten, die zum Unesco-Weltkulturerbe zählten, in der syrischen Stadt Palmyra Aufsehen. Dafür zeichnete der sogenannte Islamische Staat verantwortlich.
Auf diese Zerstörung von Kulturgütern legt der IstGH in seinem Urteil nun erstmals den Fokus. Diese sei bisher vielfach ungesühnt geblieben, erklärte dazu Prof. Dr. Sabine Swoboda, Inhaberin des Lehrstuhls für Strafrecht, Strafprozessrecht und Internationales Strafrecht an der Ruhr-Universität Bochum. "Diese Raubgräberei zerstört ganze Kulturgüter und wurde bisher nicht bestraft." In diesem Verfahren sei es nun genau darum gegangen: "Die Ermittlungen in Mali waren darauf ausgerichtet, das auf internationaler Ebene exemplarisch abzuurteilen" so Swoboda gegenüber LTO.
Menschenrechtler hatten das Verfahren gegen al Mahdi kritisiert, weil neben der Zerstörung der Kulturgüter keine anderen Verbrechen wie Mord oder Vergewaltigung angeklagt worden waren. Bei entsprechender Beweislage kann ein Verfahren hinsichtlich dieser Taten aber noch folgen.
Swoboda kann die Kritik nachvollziehen. Dennoch sei es richtig, Prozesse wie diesen zu führen: "Durch das Führen solcher Beispielsprozesse wird das Recht geklärt. Das Gericht handelt damit im Einklang mit seiner Funktion". Ein Urteils wie das gegen al Mahdi sei vor allem eine Orientierung für die internationale Gemeinschaft. Staaten, die derartige Verbrechen selbst aburteilen wollten, könnten nun als Auslegungshilfe auf das Urteil des IStGH schauen, so Swoboda.
mam/LTO-Redaktion
Maximilian Amos, IStGH verhängt neun Jahre Haft: . In: Legal Tribune Online, 27.09.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/20699 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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