Seit Jahren kämpft Attac um seinen Gemeinnützigkeitsstatus. Im zweiten Rechtsgang hat diesen nun auch das Hessische FG verneint - es entschied anhand der vom BFH aufgestellten Kriterien.
Das Netzwerk Attac hat im Kampf gegen die Aberkennung seiner Gemeinnützigkeit eine Niederlage erlitten. Das Hessische Finanzgericht (FG) wies am Mittwoch eine Klage der Globalisierungskritiker ab. Den Ausschlag gaben Kampagnen, mit denen Attac beispielsweise gegen ein Sparpaket der Bundesregierung und Hartz IV Position bezog.
"Das Gericht ist im Rahmen einer Gesamtbetrachtung zu dem Ergebnis gekommen, dass zumindest nicht alle Aktionen einem vorrangigen übergeordneten gemeinnützigen Zweck dienten, sondern der Kläger darüber hinaus politische Forderungen aufgestellt hat", sagte der Vorsitzende Richter Helmut Lotzgeselle bei der Urteilsverkündung (Urt. v. 26.02.2020, Az. 4 K 179/16).
Das Frankfurter Finanzamt hatte dem Attac-Trägerverein 2014 die Gemeinnützigkeit für die Jahre 2010 bis 2012 entzogen, weil das Netzwerk zu politisch sei. Ohne Gemeinnützigkeit können Geldgeber ihre Spenden nicht von der Steuer absetzen. Für das Netzwerk ist das ein schwerer Schlag, weil es sich zum Großteil über Spenden finanziert.
FG: Urteil des BFH ist mit "heißer Nadel" gestrickt
Lotzgeselle machte mehrfach deutlich, dass die Entscheidung nicht den eigenen Überzeugungen entspricht, sondern durch enge Vorgaben des Bundesfinanzhofs (BFH) zustande gekommen sei. Der hatte 2019 eine anderslautende Entscheidung der Kasseler Richter kassiert und zurückverwiesen: Die Beeinflussung der öffentliche Meinung im eigenen Sinn sei keine politische Bildungsarbeit und nicht gemeinnützig. Konkret ging es um die Begriffe der "Volksbildung" und des "demokratischen Staatswesens" aus § 52 Abs. 2 Nr. 7 bzw. Nr. 24 der Abgabenordnung (AO), die das FG nach Ansicht der Münchener Richter zu weit ausgelegt hatte.
Diese Entscheidung des BFH sei mit "heißer Nadel" gestrickt, erklärte Lotzgeselle. Auch der Anwalt von Attac bezeichnete die Entscheidung des BFH als "konfuses Urteil". Er forderte die Kasseler Richter auf, am Urteil von 2016 festzuhalten. Der Vertreter des Finanzamts Frankfurt hielt sich zurück: "Wir sehen uns ohnehin vor dem BFH wieder", sagte er.
Darauf dürfte es hinauslaufen: "Wir gehen in Revision und notfalls auch vor das Verfassungsgericht", sagte Attac-Sprecherin Frauke Distelrath. Das neue Kasseler Urteil sei ein "verheerendes Signal für die Zivilgesellschaft", weil ein Gericht offenkundig gegen die eigene Überzeugung gezwungen wurde, demokratisches Engagement zu schwächen.
Das Hessische Finanzgericht sieht zudem den Gesetzgeber gefragt. Es sei Aufgabe der Politik, das Gemeinnützigkeitsrecht zu überdenken, erklärte Lotzgeselle bei der Urteilsverkündung.
dpa/mgö/LTO-Redaktion
Hessisches FG verneint Gemeinnützigkeit: . In: Legal Tribune Online, 26.02.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/40497 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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