Das Glasverbot am Bodenseeufer ist rechtswidrig, weil keine abstrakte Polizeigefahr besteht. Dies hat der VGH Baden-Württemberg mit am Mittwoch bekanntgegebenen Urteil entschieden.
Die Polizeiverordnung der Stadt Konstanz untersagte das Mitführen zerbrechlicher Behältnisse, wenn aufgrund der konkreten Umstände die Absicht erkennbar sei, dass deren Inhalt beim dauerhaften Verweilen konsumiert werden sollte. Die Verordnung galt für die Abend- und Nachtstunden an drei Abschnitten des Bodensee- und des Rheinufers. Mit ihr wollte die Stadt Verletzungen vorbeugen, die sich Besucher durch umherliegende Scherben zuziehen könnten.
Der 1. Senat des Verwaltungsgerichtshofs (VGH) erklärte das Verbot mit Urteil vom 26. Juli 2012 (Az. 1 S 2603/11) für rechtswidrig und führte aus, dass der Erlass einer Polizeiverordnung nach dem Polizeigesetz das Vorliegen einer abstrakten Gefahr erfordere. Die Schwelle zu einer solchen Gefahr sei erst überschritten, wenn hinreichende Anhaltspunkte dafür vorlägen, dass das verbotene Verhalten regelmäßig und typischerweise erhebliche Rechtsgutverletzungen zur Folge habe. Es habe sich nicht feststellen lassen, inwieweit es in dem betroffenen Gebiet in der Vergangenheit zu entsprechenden Schnittverletzungen gekommen sei. Es fehle an einer nachvollziehbaren Statistik oder auch nur an einer Hochrechnung. Der VGH betonte zudem, dass reine Vorsorgemaßnahmen durch die Ermächtigungsgrundlage im Polizeigesetz nicht gedeckt seien.
Dem Verfahren lag ein Normenkontrollantrag eines Konstanzer Studenten zugrunde, der sich in seiner allgemeinen Handlungsfreiheit verletzt sah. Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen hatte im Februar ein Glasverbot während des Kölner Straßenkarnevals 2010 für rechtmäßig erklärt.
plö/LTO-Redaktion
VGH Baden-Württemberg zu Polizeiverordnung: . In: Legal Tribune Online, 08.08.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/6797 (abgerufen am: 21.11.2024 )
Infos zum Zitiervorschlag