Abgeordnete sollen sich nicht mehr nur dann strafbar machen, wenn sie Vorteile für ihre parlamentarische Arbeit annehmen, sondern auch, wenn sie neben ihrem Amt Geschäfte machen. Die Ampel hat eine entsprechende Nachjustierung abgesegnet.
Mit reichlich Verzögerung haben die Ampelfraktionen am Dienstag einen Gesetzesentwurf abgesegnet, der Strafbarkeitslücken in der Abgeordnetenbestechung schließen soll. Eigentlich hätten die Strafverschärfung für die Bestechlichkeit und Bestechung von Mandatsträgern schon im letzten Jahr in den Bundestag eingebracht werden sollen. Die Änderung, die die Ampel nun ausgearbeitet hat, sieht eine Ergänzung des Strafgesetzbuches (StGB) vor.
Bisher stellt § 108e StGB Bestechlichkeit von Politikern nur dann unter Strafe, wenn diese bei der "Wahrnehmung" ihres Mandates erfolgt. Künftig soll die Strafbarkeit auf Fälle ausgeweitet werden, die nichts mit der eigentlichen Arbeit im Parlament zu tun haben. Entsprechend sind für Fälle der Abgeordnetenbestechung bis zu drei Jahre Haft oder eine Geldstrafe vorgesehen. Das soll auch dann gelten, wenn Abgeordnete ihre Stellung und ihre Beziehungen nutzen, die sie ihrem Mandat zu verdanken haben, um nebenbei Geschäfte zu machen.
BGH appellierte bereits an den Gesetzgeber
Mehrere Korruptionsskandale hatten Anlass zu der Gesetzesänderung gegeben. Der lückenhafte Straftatbestand hatte zum Beispiel dafür gesorgt, dass der Ex-CSU-Bundestagsabgeordnete Georg Nüßlein und der bayerische Ex-Justizminister Alfred Sauter Millionenprovisionen, die sie mutmaßlich aus Geschäften mit Schutzmasken in der Corona-Pandemie verdient hatten, behalten durften. Der Bundesgerichtshof sah den Tatbestand als nicht erfüllt an und mahnte bereits damals an, das ebenso strafwürdige außerparlamentarische Handeln unter Straße zu stellen.
Ein anderes Beispiel ist die sogenannte Aserbaidschan-Affäre. Zwei ehemalige Unionsabgeordnete müssen sich gerade wegen Bestechlichkeit und Bestechung von Mandatsträgern vor Gericht verantworten. Sie sollen per Geldzahlung versucht haben, Entscheidungen im Sinne Aserbaidschans in der Parlamentarischen Versammlung des Europarats (PACE) zu beeinflussen.
Dass eine Änderung notwendig sei, darüber war man sich in der Ampel einig. Unklar war aber, wie man die Gesetzesänderung angehen wolle. Sollte der § 108e StGB geändert werden? Oder braucht es einen gänzlich neuen Straftatbestand? Oder aber sollten die Mandatsträger mit den Amtsträgern gleichgestellt und in den Anwendungsbereich der §§ 331 ff. StGB einbezogen werden? Auch die komplexen Rechtsfragen, die hinter diesen Diskussionen standen, sorgten dafür, dass ein Gesetzentwurf erst jetzt auf dem Tisch liegt.
Ampel steht hinter der Verschärfung des "Schmiergeld-Paragrafen"
SPD, Grüne und FDP hatten bereits in ihren Koalitionsverhandlungen vereinbart, die Regeln zu verschärfen. "Wir werden den Straftatbestand der Abgeordnetenbestechung und -bestechlichkeit wirksamer ausgestalten", heißt es im Koalitionsvertrag. "Unsere Bürgerinnen und Bürger müssen das Vertrauen haben, dass Abgeordnete für das Allgemeinwohl und nicht den eigenen Geldbeutel arbeiten", sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Johannes Fechner, zu der Gesetzesverschärfung.
Sein FDP-Kollege Stephan Thomae betonte: "Wer sein Mandat missbraucht, um sich selbst zu bereichern, darf nicht ungestraft davonkommen. Das soll künftig nicht nur bei der direkten Ausübung des Mandats gelten, sondern auch dann, wenn die Stellung als Mandatsträger außerhalb des Parlaments für den eigenen Profit genutzt wird."
Die Grünen-Rechtspolitikerin Canan Bayram sprach von einem "Schmiergeld-Paragrafen" und ergänzte: "Wenn Abgeordnete ihre Stellung ausnutzen, um sich selbst zu bereichern, schädigen sie damit das Vertrauen der Bevölkerung in die Integrität politischer Prozesse und fördern den Demokratieverdruss."
Union sieht keinen Handlungsbedarf
Aus der Unionsfraktion kamen zurückhaltende bis ablehnende Signale. "Handlungsbedarf sehe ich jetzt in diesem Bereich nicht", sagte ihr Erster Parlamentarischer Geschäftsführer Thorsten Frei (CDU). Er wies darauf hin, dass nach der Maskenaffäre schon das Abgeordnetengesetz grundlegend verändert worden sei.
Dass die Gesetzesverschärfung bislang auf sich warten ließ, führte wiederholt zu Kritik. Im "Korruptionswahrnehmungsindex 2023" der Organisation Transparency International liegt Deutschland zuletzt auf Platz neun. Die Organisation bemängelte die Schlupflöcher bei der strafrechtlichen Verfolgung von Abgeordnetenbestechung und ist überzeugt, man trete bei der Korruptionsbekämpfung mehr oder weniger auf der Stelle.
lmb/dpa/LTO-Redaktion
Ampel beschließt Gesetzentwurf zum "Schmiergeld-Paragrafen": . In: Legal Tribune Online, 21.02.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/53929 (abgerufen am: 22.11.2024 )
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