Eine Selbständige, die Trauer- und Hochzeitsreden anbietet, wollte für die Umsätze aus solchen Reden den ermäßigten Umsatzsteuersatz. Es handele sich um künstlerische Tätigkeiten. Das sieht das FG BaWü allerdings anders.
Eine Trauer- und Hochzeitsrednerin übt keine ermäßigt zu besteuernde künstlerische Tätigkeit aus. Das entschied das Finanzgericht Baden-Württemberg in Stuttgart in einem am Montag veröffentlichten Urteil (Urt. v. 24.11.2021, Az. 14 K 982/20).
Erst studierte sie Theologie und Philosophie, dann machte sie sich selbständig. Als Selbständige bot sie Trauerreden an, die Gestaltung von Hochzeitsfeiern sowie von Begrüßungsfeiern für Neugeborene. Außerdem schrieb sie Bücher über Trauerreden und die Trauersprache.
Für ihre Umsätze aus Trauer- und Hochzeitsreden machte die Selbständige in ihrer Steuererklärung 2017 den ermäßigten Umsatzsteuersatz von 7 Prozent geltend. Es handele sich bei ihren Reden nämlich um "kreativ ausgestaltete individuelle Botschaften", in denen sie nach persönlichen Gesprächen auf die persönlichen Umstände und Bedürfnisse eingehe. Ihre Redemanuskripte garniere sie außerdem mit eigenen Gedanken und sogar eigenen Gedichten. Situationsbedingt komme es außerdem zu spontanen Anpassungen der Reden. Sie sehe sich daher bei ihren Trauer- oder Hochzeitsreden als "ausübende Künstlerin" und unterliege daher dem ermäßigten Steuersatz.
Das Finanzamt folgte dem jedoch nicht und besteuerte die Umsätze mit dem Regelsteuersatz von 19 Prozent. Historisch gesehen sei die Tätigkeit des Trauerredners dem Brauchtum und der Seelsorge und nicht der Kunst zuzuordnen.
Tiefsinnige Gedanken sind noch keine Kunst
Die Rednerin ging gegen diese Ansicht des Finanzamts vor und zog vor Gericht. Dort führte sie weiter aus, wie sie Reden vorbereite und halte und übersandte Texte, Rechnungen und Links zu Videos ihrer Reden. Sie trug sogar eine Trauerrede in der mündlichen Verhandlung vor dem Finanzgericht vor. Das Finanzamt erließ dann noch in der mündlichen Verhandlung einen geänderten Umsatzsteuerbescheid, da die Bemessungsgrundlage fehlerhaft ermittelt worden sei.
Das Finanzgericht wies die Klage jedoch ab, die Umsätze der Rednerin seien nicht ermäßigt zu besteuern. Sie hätte nämlich mit ihren Reden weder Umsätze aus Einräumung, Übertragung und Wahrnehmung von Rechten nach dem Urheberrechtsgesetz, noch aus Eintrittsberechtigungen für Theater, Konzerte, Museen oder vergleichbaren Darbietungen erzielt. Zweck der eng auszulegenden Steuerbefreiung für ausübende Künstler sei nun aber, Preiserhöhungen kultureller Veranstaltungen zu vermeiden. Es komme bei Reden daher auf die Darbietung an und nicht darauf, ob es sich um einen kunstvollen Text handele.
Den Schwerpunkt der Reden der klagenden Selbständigen bilde nun aber gerade "nicht die (künstlerische) Form des Vortrags, sondern sein Gegenstand und Inhalt". Die Reden der Trauer- und Hochzeitsrednerin seien "Gebrauchsreden" anlässlich bestimmter Ereignisse. Es würden dazu "schablonenartige Wiederholungen anhand eines Redegerüsts" gemacht und die individuellen Reden deutliche Gemeinsamkeiten aufweisen. Die Rednerin äußere laut Gericht zwar durchaus "tiefsinnige Gedanken", dadurch werde die Rede aber noch nicht zu einer künstlerischen Darbietung.
Das Urteil ist rechtskräftig.
ast/LTO-Redaktion
FG zur Besteuerung von Trauer- und Hochzeitsreden: . In: Legal Tribune Online, 07.02.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/47454 (abgerufen am: 04.11.2024 )
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