Das FG Rheinland-Pfalz hat sich mit der Frage befasst, ob die Versetzung eines Arbeitnehmers an eine andere Stammdienststelle ohne Weiteres die Annahme rechtfertigt, dass diese Stammdienststelle als regelmäßige Arbeitsstätte anzusehen ist. Anlass war die Klage eines Soldaten, der Fahrkosten nach Dienstreisegrundsätzen berechnet hatte.
Der Kläger war als Soldat im Dezember 2008 zunächst an die Stammdienststelle der Bundeswehr kommandiert. Mit Verfügungen vom Oktober/November 2008 wurde er für die Zeit ab 1. Januar 2009 dorthin versetzt. In der Verfügung wird unter anderem ausgeführt: "voraussichtliche Verwendungsdauer: 31.12.2010". Eine Umzugskostenvergütung wurde nicht zugesagt, weil ein Umzug an den neuen Dienstort aufgrund besonderer Gründe nicht durchgeführt werden solle.
In seiner Einkommensteuererklärung 2009 machte der Soldat für seine Fahrten zur Stammdienststelle bei den Werbungskosten aus nichtselbständiger Arbeit einen Betrag von 6.793,50 Euro (= 22.645 km tatsächliche Fahrtstrecke x 0,30 Euro, also nach Dienstreisegrundsätzen) geltend. Dagegen war das Finanzamt (FA) der Ansicht, die Dienststelle, an die er versetzt worden sei, stelle seine regelmäßige Arbeitsstätte dar, weswegen nur die Entfernungspauschale mit einem Betrag von 3.438,00 Euro (191 Tage x 60 km x 0,30 Euro) anzusetzen sei.
Der Soldat klagte daraufhin erfolgreich vor dem Finanzgericht (FG) Rheinland-Pfalz (Urt. v. 29.03.2012, Az. 5 K 2160/11). Die Richter führten unter anderem aus, dass aufgrund der Besonderheiten des Falles die Fahrten des Klägers von seinem Wohnort zur Stammdienststelle nach Dienstreisegrundsätzen zu berücksichtigen seien. Der Kläger habe nämlich im Streitjahr 2009 bei der Stammdienstelle der Bundeswehr keine regelmäßige Arbeitsstätte gehabt.
Der gesetzlich nicht definierte Begriff "regelmäßige Arbeitsstätte" sei, so das FG weiter, dadurch gekennzeichnet, dass sich der Arbeitnehmer in unterschiedlicher Weise auf immer gleiche Wege einstellen und so auf eine Minderung der Wegekosten etwa durch Bildung von Fahrgemeinschaften, die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel und gegebenfalls sogar durch entsprechende Wohnsitznahme hinwirken kann. Liege keine solche Arbeitsstätte vor, sei eine Einschränkung der Abziehbarkeit beruflich veranlasster Mobilitätskosten sachlich nicht gerechtfertigt.
Eine Versetzung begründe aber nicht zwangsläufig am neuen Dienstort eine regelmäßige Arbeitsstätte. Maßgeblich sei vielmehr, ob sich der Kläger zu Beginn seiner Tätigkeit – aus damaliger Sicht – hätte darauf einrichten können, bei der Stammdienststelle dauerhaft tätig zu sein. Dies sei nicht der Fall gewesen. Nach der Versetzungsverfügung sei nur eine Tätigkeitsdauer von zwei Jahren zu erwarten gewesen. Eine Tätigkeit von zwei Jahren sei zwar längerfristig, aber nur vorübergehend und nicht auf Dauer angelegt.
Außerdem habe der Kläger wegen weiterer Hinweise in den Versetzungsverfügungen damit rechnen müssen, jederzeit, also gegenenfalls auch vor Ablauf der in der Versetzungsverfügung bezeichneten voraussichtlichen Verwendungsdauer, erneut versetzt zu werden. Soweit das FA dagegen argumentiere, Soldaten müssten stets mit ihrer Versetzung rechnen, sei nicht auf die abstrakten Merkmale eines bestimmten Berufsbildes abzustellen. Es komme vielmehr darauf an, ob der Arbeitnehmer des konkret zu beurteilenden Dienstverhältnisses aller Voraussicht nach damit rechnen müsse, dass er seine Arbeitsleistung an immer wieder anderen Arbeitsstätten zu erbringen habe. Aufgrund der vorliegenden Umstände, sei davon auszugehen, dass die Stammdienststelle keine regelmäßige Arbeitsstätte gewesen sei.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Revision wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.
age/LTO-Redaktion
FG Rheinland-Pfalz zur Fahrtkostenerstattung: . In: Legal Tribune Online, 30.04.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/6105 (abgerufen am: 03.11.2024 )
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