Informationen, die "Emissionen in die Umwelt" betreffen, muss die Öffentlichkeit einsehen können, bestimmt das Unionsrecht. Wie er solche Emissionen definiert, hat der EuGH nun klar gestellt.
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte sich in zwei Rechtssachen am Mittwoch mit ähnlichen Problemen zu befassen. Im Kern ging es um ein Auskunftsrecht der Öffentlichkeit bezüglich umweltrelevanter Produkte (Pestizide). Deren Hersteller hielten dem ihr Bedürfnis nach Schutz der Vertraulichkeit von Geschäftsgeheimnissen entgegen. Der Gerichtshof sprach den Umweltschützern schließlich weitreichende Informationsansprüche zu (Urt. v. 23.11.2016, Az.: C-673/13 P; C-442/14).
Beide Rechtssachen hatten ihren Ursprung in den Niederlanden. Dort stellten zum einen die Vereinigungen Stichting Greenpeace Nederland und Pesticide Action Network Europe einen Antrag bei der Kommission der Europäischen Union (EU) auf Zugang zu diversen Dokumenten, welche Informationen über das Unkrautbekämpfungsmittel Glyphosat enthalten.
Dabei stützte man sich auf die Unionsverordnung Nr. 1367/2006, welche Informationsansprüche in Umweltangelegenheiten regelt. Danach besteht eine Offenlegungspflicht bei "Informationen, die Emissionen in die Umwelt betreffen".
Informationsinteresse contra Geschäftsgeheimnis
Die Kommission verweigerte den Zugang zu Teilen dieser Dokumente mit der Begründung, dass diese vertrauliche Informationen über die genaue chemische Zusammensetzung des Mittels enthielten, welche vom Recht des Herstellers auf geistiges Eigentum geschützt seien.
Dagegen klagten die beiden Vereinigungen vor dem Gericht der Europäischen Union (EuG), welches den Anträgen mit seinem Urteil vom 8. Oktober 2013 statt gab. Die Kommission beantragte daraufhin beim EuGH die Aufhebung des Urteils.
Im zweiten Fall hatte eine niederländische Stiftung bei der zuständigen Behörde die Bekanntgabe von 84 Dokumenten beantragt, die im Wesentlichen Pflanzenschutzmittel und Biozidprodukte der Firma Bayer betrafen. Diese wehrte sich ebenfalls unter Verweis auf die Vertraulichkeit von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen. Die niederländische Behörde gab dem Begehren in Teilen statt.
Das von beiden Parteien damit befasste Gericht legte dem EuGH schließlich die Frage vor, ob die beantragten Informationen unter den Begriff "Informationen über Emissionen in die Umwelt" im Sinne der Richtlinie 2003/4/EG fielen, nach der eine vergleichbare Offenlegungspflicht wie in der Verordnung im ersten Fall besteht.
Öffentlichkeit muss Informationen auch überprüfen können
In beiden Fällen klärte der Gerichtshof zunächst die Begrifflichkeit "Emissionen in die Umwelt" aus der Richtlinie bzw. der Verordnung. Diese umfassten danach auch die Begriffe "Freisetzen" und "Ableitung" und seien nicht auf Emissionen aus Industrieanlagen zu beschränken.
Zudem erfassten Verordnung und Richtlinie nicht nur Informationen, die einen Bezug zu tatsächlichen Emissionen haben, sondern auch solche zu vorhersehbaren Emissionen. Zudem müsse der Öffentlichkeit die Möglichkeit gegeben werden, nachzuprüfen, ob die Bewertung der tatsächlichen oder vorhersehbaren Emissionen und ihrer Folgen zutreffend sei.
Das Urteil des niederländischen Gerichts hob der EuGH im Übrigen dennoch auf. Dieses hatte befunden, dass eine Information schon dann unter die Verordnung falle, wenn sie einen "hinreichend unmittelbaren" Bezug zu Emissionen in die Umwelt aufweise - eine zu weite Auslegung nach Meinung des Gerichtshofs.
mam/LTO-Redaktion
EuGH zu Auskunftsansprüchen in Umweltsachen: . In: Legal Tribune Online, 23.11.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/21247 (abgerufen am: 19.11.2024 )
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