Das Verbot der Doppelbestrafung soll nach Ansicht der Richter in Luxemburg nur dann zur Anwendung kommen, wenn eine in einem EU-Mitgliedstaat verhängte Sanktion bereits vollstreckt wurde bzw. wird. Besteht die Sanktion aus einer Freiheits- und einer Geldstrafe, und wurde nur letztere vollstreckt, schützt dies nicht vor einer Freiheitsstrafe in einem anderen Staat.
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschied im Falle eines Serben, der in Italien wegen Betruges verurteilt wurde, wegen derselben Tat jedoch auch in Deutschland strafrechtlich verfolgt wird. Seit 2013 befindet er sich in der Bundesrepublik in Untersuchungshaft. Dort dürfte er auch bleiben. Denn der EuGH hatte im Hinblick auf das Schenken-Übereinkommen, wonach eine Doppelbestrafung verboten ist, keine Bedenken (Urt. v. 27.05.2014, Az. C-129/14 PPU).
Der Mann war in Mailand zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und einer Geldstrafe von 800 Euro verurteilt worden. Er zahlte zwar die Geldstrafe, die Haft trat er jedoch nicht an. Später wurde der Serbe dann von österreichischen Behörden aufgrund eines europäischen Haftbefehls an Deutschland übergeben. Seitdem befindet er sich wegen des in Italien begangenen Betruges in Untersuchungshaft. Der Beschuldigte sah hierin einen Verstoß gegen den Grundsatz "ne bis in idem" (Verbot der Doppelbestrafung), schließlich habe er seine Geldtrafe bezahlt. In seiner Inhaftierung liege eine unzulässige Einschränkung der Charta der Grundrechte, so seine Ansicht. Deshalb forderte er vom Oberlandesgericht (OLG) Nürnberg seine Entlassung. Dort war man sich in dieser Frage allerdings nicht sicher, sodass die Richter den EuGH anriefen.
In Luxemburg erging am Dienstag das Urteil: Der Grundsatz "ne bis in idem" könne durchaus eingeschränkt werden. Das lasse die Charta der Grundrechte zu, weil sie sich in ihren Erläuterungen ausdrücklich auf das Übereinkommen zur Durchführung des Schengen-Abkommens beziehe.
Wenn zwei Hauptstrafen verhängt worden seien, reiche es nicht aus, wenn bloß die eine verbüßt wurde. Damit dürfe sich der Serbe nicht darauf berufen, die Geldstrafe beglichen zu haben. Jede andere Auslegung würde dazu führen, dass der Grundsatzes "ne bis in idem" seine Sinnes beraubt würde, so die Richter.
una/LTO-Redaktion
EuGH zu Verbot der Doppelbestrafung: . In: Legal Tribune Online, 27.05.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/12102 (abgerufen am: 15.11.2024 )
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