EuGH sieht weitreichenden Tierschutz: Wenn der Wolf inner­orts mit Hunden spielt

11.06.2020

Der Schutz von Wölfen gilt auch, wenn sie in Siedlungen der Menschen auftauchen und dort auf Hunde treffen, hat der EuGH entschieden. Es gelten strenge Ausnahmen zum Fangen oder Töten der Tiere.

Wölfe müssen auch dann geschützt werden, wenn sie in Siedlungsgebiete von Menschen kommen. Das hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) am Donnerstag entschieden (Urt. v. 11.06.2020, Az. C-88/19).

Der Schutz für die Tiere gelte "unabhängig davon, ob sie sich in ihrem gewöhnlichen Lebensraum, in Schutzgebieten oder aber in der Nähe menschlicher Niederlassungen befinden", heißt es in der Mitteilung des Gerichtshofs. Ausnahmen von den Regeln seien nur dann zulässig, wenn etwa die öffentliche Sicherheit oder die Volksgesundheit bedroht würden.

Hintergrund des EuGH-Verfahrens war ein Fall aus dem Jahr 2016. Damals war ein Wolf in einem rumänischen Dorf aufgetaucht, das zwischen zwei Schutzgebieten liegt. Tierschützer und eine Tierärztin reisten daraufhin an, um den Wolf einzufangen und umzusiedeln, der sich seit einigen Tagen auf dem Grundstück eines Anwohners aufgehalten hatte, wo er mit dessen Hunden gespielt und gefressen hatte. Nachdem ihm mittels eines Projektils unter die Haut ein Betäubungsmittel verabreicht worden war, wurde der Wolf verfolgt, gefangen und in ein Fahrzeug verfrachtet, um in ein Naturreservat gebracht zu werden. Der Transport des gefangenen Wolfs lief jedoch nicht wie geplant: Dem Tier gelang es, den Hundekäfig, in dem man ihn untergebracht hatte, zu durchbrechen und in den nahegelegenen Wald zu fliehen. Fang und Transport waren nicht genehmigt gewesen und es wurde Strafanzeige erstattet.

"Natürliches Verbreitungsgebiet" kann auch Menschensiedlungen umfassen

Das für das Strafverfahren zuständige rumänische Gericht wandte sich an den EuGH und wollte wissen, ob die EU-Habitatrichtlinie (Richtlinie 92/43) zum Schutz von Wölfen auch gilt, wenn Wölfe innerhalb eines Dorfes mit Hunden spielen. Bereits die EuGH-Generalanwältin Kokott hatte das in ihren Schlussanträgen vom 13. Februar 2020 bejaht.

Die EuGH-Richter entschieden nun über den räumlichen Anwendungsbereich des Fang- und Tötungsverbot. Der Art. 12 der EU-Habitatrichtlinie verpflichte die Mitgliedstaaten, ein strenges Schutzsystem für die geschützten Tierarten "in deren natürlichen Verbreitungsgebieten" einzuführen.

Dieser Schutzraum könne bei geschützten Tierarten, die wie der Wolf große Lebensräume beansprucht, auch über die abgesteckten Grenzen eines Schutzgebietes hinausreichen. Und deshalb insbesondere auch in Siedlungsgebieten des Menschen gelten.

dpa/kus/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

EuGH sieht weitreichenden Tierschutz: . In: Legal Tribune Online, 11.06.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/41873 (abgerufen am: 20.11.2024 )

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