EuGH zum Schutz von Mustern und Modellen: Urhe­ber­rechts­schutz für G-Star-Jeans?

12.09.2019

Der EuGH hat sich Gedanken zur Zielsetzung des Urheber- und Musterschutzes gemacht. Nur weil eine Jeans eine "spezielle ästhetische Wirkung" hat, kann sie noch nicht als "Werk" im Sinne des Urheberrechts eingestuft werden. 

Modellen von Kleidungsstücken kann nicht allein aufgrund des Umstands, dass sie über ihren Gebrauchszweck hinaus eine spezielle ästhetische Wirkung haben, urheberrechtlicher Schutz zukommen. Dafür müsste es sich bei den Modellen um originale Werke handeln, entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH) am Donnerstag (Urt. v. 12.09.2019, Az. C-683/17).

Die Luxemburger Richter hatten über einen Fall aus Portugal zu befinden. Dort stritt die Bekleidungsmarke G-Star mit einem Konkurrenten, der nach Ansicht von G-Star Kopien ihrer Kleidungsstücke vermarktet. G-Star sah sich als Urheber in dem ausschließlichen Recht zur Vervielfältigung, zur öffentlichen Wiedergabe und zur Verbreitung verletzt.

Neben dem Schutz des Urheberrechts besteht nach weiteren abgeleiteten Unionsrechtsakten auch ein spezifischer Schutz für Muster und Modelle. Das vorlegende portugiesische Gericht wollte vom EuGH wissen, ob auch Muster und Modelle über das Urheberrecht geschützt werden, wenn sie über ihren Gebrauchszweck hinaus eine spezielle ästhetische Wirkung haben.

Zwar könne der Schutz für Muster und Modelle und der Schutz des Urheberrechts in bestimmten Fällen auch kumulativ anwendbar sein und ein Muster somit auch als "Werk" im Sinne des Urheberrechts eingestuft werden. Zu beachten sei laut EuGH aber die unterschiedliche Schutzrichtung der Regelungen. Der Schutz von Mustern und Modellen erfasse Gegenstände, die zwar neu und individualisiert sind, aber dem Gebrauch dienen und für die Massenproduktion gedacht sind. Außerdem sei die Schutzdauer auf einen Zeitraum begrenzt, der sicherstellt, dass die für das Entwerfen und die Produktion der Gegenstände erforderlichen Investitionen rentabel sind. Den Wettbewerb solle der Schutz von Mustern und Modellen aber nicht übermäßig einschränken.

Ästhetik allein macht keinen Urheber

Der mit dem Urheberrecht verbundene Schutz reiche aber deutlich weiter, so der EuGH. Die Gewährung urheberrechtlichen Schutzes für einen bereits als Muster oder Modell geschützten Gegenstand dürfe deshalb nicht dazu führen, dass die Zielsetzungen und die Wirksamkeit dieser beiden Regelungen beeinträchtigt werden. Zur Feststellung, ob ein Modell oder Muster auch als "Werk" einzustufen sei, könne die "ästhetische Wirkung" des Gegenstands daher keine Rolle spielen. Eine Einstufung als "Werk" sei vielmehr nur dann möglich, wenn er mit hinreichender Genauigkeit und Objektivität identifizierbar sei eine geistige Schöpfung darstelle, die die Entscheidungsfreiheit und die Persönlichkeit ihres Urhebers widerspiegelt.

Für Dr. Niklas Haberkamm, Experte für gewerblichen Rechtsschutz und Partner der Kölner Medienrechtskanzlei LHR Rechtsanwälte, hat der EuGH damit angemessen zwischen den beiden Schutzrichtungen differenziert. "Ohne einen kumulativen Schutz per se zu verneinen, stellt der EuGH konkret darauf ab, dass die Zielsetzung und insbesondere auch die Schutzdauer des Urheberrechts hier zu einem überschießenden Schutzumfang für Muster und Modelle führen kann", so Haberkamm gegenüber LTO.

Dass ein neu entworfenes Bekleidungsstück eines bestimmten Herstellers nach den Vorgaben des EuGH als eigenständiges Modell grundsätzlich gegenüber anderen Modellen anderer Hersteller ausreichend individualisiert und dementsprechend schützenswert sei, begrüßt Haberkamm ausdrücklich. "Dementsprechend hat der Gerichtshof ja auch grundlegend festgestellt, dass ein Muster oder ein Modell im Bekleidungssektor, als „Werk“ im Sinne der Richtlinie über das Urheberrecht eingestuft werden kann. Da es gleichzeitig auch ein Massenprodukt ist, das dem Gebrauch dient, reicht dem EuGH aber der unionsrechtlich bereits gewährte Schutz von Mustern und Modellen, um die Investitionen des Herstellers in das von ihm auf den Markt gebrachte Modell ausreichend gegenüber Nachahmungen im Wettbewerb zu schützen."

Zitiervorschlag

EuGH zum Schutz von Mustern und Modellen: . In: Legal Tribune Online, 12.09.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/37587 (abgerufen am: 21.11.2024 )

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