Auch, wenn britische Staatsangehörige weit vor dem Brexit in die EU gezogen sind, haben sie dort kein aktives und passives Wahlrecht mehr – schließlich sind sie keine Unionsbürger mehr. Das hat der EuGH entschieden.
Britische Staatsangehörige haben in der Europäischen Union (EU) kein Wahlrecht mehr – weder aktiv noch passiv. Schließlich haben sie keine Unionsbürgerschaft mehr. Das hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden (Urt. v. 9.6.2022, Rs. C-673/20).
Eine Frau mit britischer Staatsangehörigkeit lebt seit 1984 in Frankreich und ist mit einem Franzosen verheiratet. Sie selbst hat aber keine französische Staatsangehörigkeit. Nach dem Inkrafttreten des Brexit-Austrittsabkommens strich sie ein französisches Institut dann aus dem Wähler:innenverzeichnis – und damit konnte sie weder aktiv noch passiv an den Kommunalwahlen in Frankreich im März 2020 teilnehmen.
Im Oktober 2020 versuchte die Frau dann erneut ins Wähler:innenverzeichnis für Unionsbürger:innen ohne französische Staatsangehörigkeit zu kommen. Ihr Antrag wurde jedoch abgelehnt, weshalb sie vor ein französisches Gericht zog.
Brexit ist Brexit
Dort führte sie aus, dass sie nun weder im Vereinigten Königreich noch in Frankreich ein aktives und passives Wahlrecht habe. In ihrem Heimatland gelte nämlich die "15-Jahre-Regel", nach der britische Staatsangehörige, die seit mehr als 15 Jahren im Ausland leben, nicht mehr an Wahlen teilnehmen dürfen.
Das französische Gericht stand dann vor der Frage, ob britische Staatsangehörige, die vor dem Brexit ihren Wohnsitz in einen Mitgliedstaat der EU verlegt haben, weiterhin den Unionsbürgerstatus haben – und so an den Kommunalwahlen in ihrem Wohnmitgliedstaat teilnehmen können. Es legte diese Frage dem EuGH per Vorabentscheidungsersuchen vor – und stellte gleich die Anschlussfrage, ob der Beschluss des EU-Rates über den Austritt des Vereinigten Königreiches überhaupt gültig sei.
Der EuGH ist nun der Ansicht, dass britische Staatsangehörige, die vor Ende des im Austrittsabkommen festgelegten Übergangszeitraum in einen Mitgliedstaat gezogen sind, mit dem Brexit am 1. Februar 2020 ihren Unionsbürgerstatus verloren haben – und damit auch das aktive und passive Wahlrecht. Das gelte auch dann, wenn sie auch im Vereinigten Königreich ihr Wahlrecht bereits verloren haben.
Die Luxemburger Richter:innen begründen dies damit, dass die Unionsbürgerschaft den Besitz der Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates erfordert – und das sei das Vereinigte Königreich nicht mehr. Deren Staatsangehörige seien seit dem 1. Februar 2020 Drittstaatsangehörige. Das sei eine automatische Folge des Brexits. Dieser Umstand allein mache auch das Austrittsabkommen zum Brexit nicht unwirksam, meint der EuGH.
pdi/LTO-Redaktion
EuGH zu den Folgen des Brexits: . In: Legal Tribune Online, 09.06.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/48697 (abgerufen am: 17.11.2024 )
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