EU-Entsenderichtlinie: EuGH bestä­tigt ver­bes­serte Lohn­stan­dards für ent­sandte Arbeit­nehmer

08.12.2020

Die Entsenderichtlinie soll hunderttausende Arbeitnehmer in der EU schützen, die zeitweise in einem anderen Mitgliedsland arbeiten. Ungarn und Polen hatten Zweifel, doch der EuGH wies ihre Klage ab.

Die 2018 verbesserten Lohn- und Sozialstandards für entsandte Arbeitnehmer in der Europäischen Union bleiben erhalten. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg wies am Dienstag eine Klage von Ungarn und Polen gegen die damalige Reform der Entsenderichtlinie ab. Die beiden EU-Staaten hatten unter anderem eine Verletzung der Dienstleistungsfreiheit gerügt. Der EuGH sieht die Reform jedoch als rechtens. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) begrüßte dies.

Die Richtlinie war 2018 geändert worden, um den Schutz der entsandten Arbeitnehmer vor Lohn- und Sozialdumping auszuweiten. Zentraler Punkt der Reform war das Prinzip, dass EU-Bürger, die vorübergehend in einem anderen EU-Land arbeiten, dort ebenso entlohnt werden müssen wie Einheimische. Sie dürfen nicht mit dem Mindestlohn abgespeist werden, wenn für ihre Kollegen bessere Löhne vereinbart sind.

Rechtliche Sonderregeln für Entsendungen wurden auf 12 Monate befristet, in Ausnahmefällen auf 18 Monate. Das heißt: Die Arbeitnehmer dürfen zwar länger entsandt werden - doch gelten dann alle Bedingungen des Aufnahmelands, sofern diese besser sind als in der Heimat. Zudem wurde festgelegt, dass Kosten für Reisen, Unterbringung und Verpflegung nicht mit dem Lohn entsandter Kräfte verrechnet werden dürfen.

EuGH weist Klagen vollumfänglich ab

Ungarn (Rechtssache C-620/18) und Polen (Rechtssache C-626/18) hatten unter anderem einen Verstoß gegen die Dienstleistungsfreiheit in der EU gerügt. Außerdem kritisierten sie, es sei die falsche Rechtsgrundlage gewählt worden. Der EuGH sah das anders. Die EU-Gesetzgeber hätten die Richtlinie ändern dürfen, um sicherzustellen, dass der freie Dienstleistungsverkehr unter gleichen Wettbewerbsbedingungen stattfinde, erklärte der Gerichtshof.

Einige EU-Länder mit niedrigen Lohnkosten hatten von Anfang an Bedenken gegen die Reform. Sie fürchteten um Wettbewerbsvorteile für ihre Unternehmen, die Dienste in anderen EU-Staaten zu sehr günstigen Konditionen anbieten konnten. Gewerkschafter und Sozialpolitiker beklagten jedoch vor der Änderung Ausbeutung der Entsandten und Konkurrenz durch Billiglöhne in Ländern mit höheren Einkommen und Lebenshaltungskosten.

Wie viele entsandte Arbeitnehmer es gibt, ist nach Gewerkschaftsangaben statistisch nicht erfasst. Die Zahl wurde 2015 auf etwa zwei Millionen geschätzt, davon mehr als 400.000 in Deutschland.

Gewerkschaften begrüßen Urteil

DGB-Vorstandsmitglied Anja Piel lobte das EuGH-Urteil als deutliches politisches Signal. "Viele Firmen machen aus der Ausbeutung von entsandten Beschäftigten ein lukratives Geschäftsmodell", erklärte Piel in Berlin. "Mit der revidierten Entsenderichtlinie stehen den Beschäftigten nun mehr Rechte zu, sei es beim Lohn oder den Unterkunftsbedingungen, daran müssen sich nun alle Unternehmen halten." Auch die SPD-Europaabgeordnete Gabriele Bischoff begrüßte das EuGH-Urteil.

Der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber beklagte jedoch, dass Entsendungen den Mittelstand vor bürokratische Hürden stellten, vor allem durch sogenannte A1-Bescheinigungen. "Hier sehe ich weiterhin dringenden Handlungsbedarf seitens der Kommission", mahnte Ferber.

dpa/acr/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

EU-Entsenderichtlinie: . In: Legal Tribune Online, 08.12.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/43671 (abgerufen am: 18.11.2024 )

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