Wer wegen Urheberrechtsverletzungen anwaltlich abmahnen lässt, bleibt unter Umständen auf einem Teil der Anwaltskosten sitzen. Die Streitwertdeckelung im UrhG auf 1.000 Euro ist unionsrechtskonform, wie der EuGH entschied.
Die in § 97a Abs. 3 Satz 2 Urhebergesetz (UrhG) geregelte Streitwertdeckelung auf 1.000 Euro für Abmahnungen wegen Urheberrechtsverletzungen ist unionsrechtskonform. Wie der Europäische Gerichtshof (EuGH) am Donnerstag entschied, verstößt die Regelung nicht gegen die Richtlinie 2004/48/EG zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums (Urt. v. 28.04.2022, Rechtssache C-559/20).
Hintergrund der Entscheidung ist ein Vorabentscheidungsersuchen des Landgerichts (LG) Saarbrücken. Dort streiten sich die Koch Media GmbH und ein Internetnutzer, der das Computerspiel "This War of Mine" auf einer Filesharing-Plattform zum Download angeboten haben soll. Koch Media vertreibt dieses Spiel und hatte eine Rechtsanwaltskanzlei damit beauftragt, den Nutzer abzumahnen.
Dies tat die Kanzlei dann auch. Der Koch Media entstanden dabei Rechtsanwaltskosten in Höhe von 984,60 Euro, die sich aus einer 1,3 Geschäftsgebühr aus einem Gegenstandswert von 20.000 Euro und Auslagen in Höhe von 20 Euro zusammensetzten. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung beträgt der Gegegenstandswert für den Unterlassungsanspruch des Rechteinhabers in Bezug auf aktuelle Filme, Musik oder DVDs jedenfalls über 10.000 Euro.
Gericht kann Einzelfall berücksichtigen
Diese Kosten machte das Unternehmen geltend. Das Amtsgericht (AG) Saarbrücken verurteilte den Internetnutzer aber nur zur Zahlung von 124 Euro auf die vorprozessualen Rechtsanwaltskosten und wies die Klage im Übrigen ab. Das AG brachte dabei den gedeckelten Streitwert von 1.000 Euro zum Ansatz. Zu Begründung stützte sich das AG auf § 97a Abs. 3 S. 1 UrhG. Die Norm beschränkt den ersatzfähigen Gegenstandswert in bestimmten Fällen auf 1.000 Euro, wobei es eine Öffnungsklausel für Unbilligkeit gibt.
Die Streitwertdeckelung greift allerdings nur im Verhältnis zwischen Rechteinhaber und Rechtsverletzter; der Anwalt des Rechteinhabers kann (und muss) folglich immer noch nach dem höheren, echten Gegenstandswert abrechnen. Dies führt in der Praxis zu erheblichen Divergenzen. Das LG Saarbrücken wollte vom EuGH wissen, ob § 97a UrhG mit dem Unionsrecht vereinbar ist.
Der EuGH bejahte dies nun. Bei den Kosten der Abmahnung handele es sich zunächst um "sonstige Kosten" im Sinne von Art. 14 der Richtlinie 2004/48. Die Richtlinie verlange, dass die Prozesskosten und sonstigen Kosten der obsiegenden Partei in der Regel, soweit sie zumutbar und angemessen sind, von der unterlegenen Partei getragen werden. Dem stehe § 97a UrhG nicht entgegen, da die Regelung dem Gericht, dem die Kostenentscheidung obliegt, die Möglichkeit gebe, in jedem Einzelfall dessen spezifische Merkmale zu berücksichtigen.
Damit schloss sich der EuGH der Ansicht des Generalanwalts an. Dieser kam in seinen Schlussanträgen ebenfalls zu dem Ergebnis, dass die Norm den nationalen Gerichten genügend Freiraum für eine Beurteilung nach Gesichtspunkten der Billigkeit gebe.
acr/LTO-Redaktion
EuGH zu Abmahnkosten bei Filesharing: . In: Legal Tribune Online, 28.04.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/48281 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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