Flüchtlinge bleiben selten in dem EU-Land, in das sie zuerst einreisen. Dann soll die Dublin-VO die Zuständigkeiten zu regeln. Der EuGH sorgte nun für etwas Klarheit hinsichtlich der notwendigen Wiederaufnahmeersuchen.
Für Flüchtlinge und Asylbewerber sind die Bedingungen in einigen Ländern besser als in anderen. Dabei gilt grundsätzlich nach der sogenannten Dublin-III-Verordnung (VO): Das Land der Europäischen Union (EU), in dem Ausländer erstmals europäischen Boden betreten haben, ist für ihr Asylverfahren zuständig. Die Flüchtlinge interessiert das wenig bis gar nicht, sie bewegen sich weiter in ihr Wunschland.
Vorgesehen ist für diese Fälle, dass die Betroffenen wieder in das Land ihrer ersten Einreise überstellt werden. Und auch wenn das passiert, machen sich manche Flüchtlinge noch einmal auf den Weg ins Wunschland. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat nun auf ein Vorabentscheidungsersuchen des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) entschieden, wie in diesen Fällen vorzugehen ist und wie die Fristen zu berechnen sind (Urt. v. 25.01.2018, Az. C-360/16).
In dem Fall hatte ein Syrer in Italien internationalen Schutz beantragt und war dann nach Deutschland weiter gereist. Die deutschen Behörden ersuchten Italien um Wiederaufnahme des Syrers. Die Antwort blieb - wie bei Anfragen an die Italiener zu dieser Zeit üblich – aus. Die deutschen Behörden hatten daher die Zustimmung fingiert. Der Asylantrag des Syrers wurde abgelehnt, der Mann nach Italien überstellt, doch er kehrte im gleichen Monat illegal nach Deutschland zurück.
Das BVerwG wollte vom Gerichtshof in diesem Zusammenhang wissen, welche Bedeutung die illegale Rückkehr für die Frage der Zuständigkeit für die Prüfung des Asylantrags hat und wie ggfs. weiter vorzugehen ist. Der EuGH hat die Verantwortlichkeiten am Donnerstag deutlich verteilt: Ein EU-Land muss sich an Fristen und Regeln halten, sonst geht die Zuständigkeit über.
Wiederaufnahmegesuch vor Rückführung
Zunächst stellte der EuGH klar, dass für die gerichtliche Überprüfung der Überstellungsentscheidung die Sachlage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem angerufenen Gericht oder, wenn keine mündliche Verhandlung stattfindet, der Zeitpunkt maßgeblich ist, in dem das Gericht über die Klage entscheidet. Das ergebe sich aus der Auslegung von Art. 27 Abs. 1 der Dublin-III-VO und Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union.
Vor allem aber muss das Zweitland nach einer erneuten Einreise zunächst ein Wiederaufnahmeverfahren durchführen, was aus Art. 24 Dublin-III VO folge. Ohne ein solches könne der Ausländer nicht erneut ins Erstland überstellt werden, so der EuGH. Das Wiederaufnahmegesuch müsse innerhalb der Frist des Art. 24 Abs. 2 Dublin-III-VO gestellt werden. Sie beginnt nicht zu laufen, bis der Zweitstaat von der Rückkehr des Ausländers in sein Hoheitsgebiet Kenntnis erlangt hat. Stelle der Zweitstaat dann kein Aufnahmegesuch, so gehe die Zuständigkeit für das Asylverfahren auf ihn über, das folge aus Art. 24 Abs. 3 Dublin-VO. Der Ausländer könne erneut einen Asylantrag stellen - und das sogar dann, wenn bereits ein Rechtsbehelfsverfahren gegen den Erstbescheid im einstweiligen Rechtsschutzverfahren anhängig ist.
Stellt der Ausländer diesen Asylantrag nicht und hat auch die Behörde nicht innerhalb der zwei Monate nach Kenntnis des Erstantrags im anderen Land ein Wiederaufnahmegesuch gestellt, so geht das Spiel von vorne los: Die Frist für das Wiederaufnahmegesuch beginnt erneut zu laufen, was sich aus Art. 24 Abs. 3 Dublin-III-VO ergebe. Ohne ein solches Gesuch ist die Überstellung nicht gestattet, entschieden die Luxemburger Richter.
tap/LTO-Redaktion
EuGH zu Überstellungsfristen und unerlaubter Wiederkehr: . In: Legal Tribune Online, 25.01.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/26703 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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