Dublin III: Schlussanträge zu Überstellungs- und Wiederaufnahmefristen: Jetzt geht’s los

von Tanja Podolski

21.07.2017

3/3: Prüfung der Begründetheit

Dass dem Schutzsuchenden ein Rechtsbehelf gegen eine Überstellungsentscheidung wegen Ablaufs der Sechsmonatsfrist aus Art. 27 Abs. 1 Dublin-III-VO zustehen müsse, bedeute im Übrigen nicht, dass dieses Rechtsmittel auch stets erfolgreich sein werde. Die nationalen Gerichte dürften und müssten die Begründetheit jedes Rechtsbehelfs prüfen. Dabei sei der Zweck der in Rede stehenden Bestimmungen zu berücksichtigen: Innerhalb der Sechsmonatsfrist sollen die Mitgliedstaaten die Modalitäten für die Durchführung der Überstellung festlegen können.

Zudem müsse das Gericht feststellen, ob für den Antragsteller tatsächlich das Risiko "besteht oder wahrscheinlich" ist, dass sich kein Land seines Antrags annehmen wird.

Die zweite Frage, ob der Übergang der Zuständigkeit nach Art. 29 Abs. 2 Dublin-III-VO neben dem Fristablauf die Ablehnung der Übernahme durch den Erststaat vorsieht, verneint die Generalanwältin mit dem Verweis auf den Wortlaut. Die Norm habe neben dem Fristablauf keine weiteren Voraussetzungen.  Das entspreche auch dem System der gesamten Dublin-VO-III, die eine derartige Erklärung des Erststaates an keiner Stelle vorsieht.

Fall Shiri: kompliziert

Die Rechtslage im Fall Shiri sei gleichwohl kompliziert, weil zwischen den Bestimmungen des Art. 27 Abs. 3 Dublin-III-VO über die Aussetzung der Überstellung und den Fristregelungen aus Art. 29 der Dublin-III-VO zu unterscheiden und dann zu prüfen sei, wie diese Bestimmungen in Verbindung miteinander auszulegen sind.

Hier sei keine Entscheidung über die Aussetzung ergangen, die Frist habe jedoch sicher mit der Aufhebung des ersten Überstellungsbescheides im Juli 2015 zu laufen aufgehört. Ob es sich bei der Aufhebung des Bescheides um eine Aufhebung ex nunc (Ungültigkeit ab 20. Juli 2015, dem Datum der ersten Entscheidung) oder ex tunc (Behandlung, als wäre der erste Bescheid der Asylbehörde nie erlassen worden) handelt, müsse das Ö-BVerwG nach österreichischem Recht entscheiden. Grundsätzlich könne die 6-Monats-Frist jedoch erst beginnen, wenn die Überstellung feststehe und "lediglich deren Modalitäten zu regeln bleiben". Die Überstellung sei spätestens sechs Monate nach der sicheren Entscheidung über die Begründetheit eines Rechtsbehelfs gegen eine Überstellungsentscheidung durchzuführen.

Zitiervorschlag

Tanja Podolski, Dublin III: Schlussanträge zu Überstellungs- und Wiederaufnahmefristen: . In: Legal Tribune Online, 21.07.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/23537 (abgerufen am: 06.11.2024 )

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