Die Fristen in der Dublin-III-VO bereiten den Gerichten in der EU Kopfzerbrechen. Schlussanträge am EuGH geben erstmals Hinweise für den Fall, dass bereits eine Überstellungsentscheidung nach zweifacher Asylantragstellung ergangen ist.
In den EU-Staaten herrscht weiterhin Unklarheit bei der Auslegung der Dublin-III Verordnung(VO). Einige der wesentlichen Fragen könnten bald geklärt sein: Die Generalanwältin am Europäischen Gerichtshof (EuGH) Eleanor Sharpston hat in ihren Schlussanträgen zu einem Österreich und Bulgarien betreffenden Fall eines Iraners die Meinung vertreten, dass Zweck, Systematik und Kontext der Verordnung für die Auslegung sprechen, dass "die Nichteinhaltung der vorgesehenen Fristen durch einen Mitgliedstaat, insbesondere der Sechsmonatsfrist für die Durchführung einer Überstellungsentscheidung nach Art. 29 Abs. 1, umfasst" sei (Schlussanträge v. 20.07.2017, Az. C-201/16, Majid (auch Madzhdi) Shiri).
Das versteht kein Mensch, der sich nicht schon näher mit dem Asylrecht befasst hat. Die Dublin-III-VO ist zunächst einmal unmittelbar geltendes Recht, sie musste nicht – anders als eine Richtlinie – in nationales Recht umgesetzt werden. Die VO ist seit 2014 in Kraft und hat einige Vorläufer. Sinn und Zweck der VO ist es, die Zuständigkeiten der EU-Länder für Flüchtlinge zu regeln.
Praxis vs. Verordnung
Doch die Fälle aus der Praxis gehen über den eindeutigen Regelungsinhalt hinaus. So auch in dem Fall, den das Österreichische Bundesverwaltungsgericht (Ö-BVerwG) dem EuGH vorgelegt hatte.
Hier hatte ein Iraner auf dem Weg über die Türkei erstmals in Bulgarien ein EU-Land betreten und dort im Februar 2015 einen Asylantrag gestellt. Die Entscheidung über diesen wartete er jedoch – wie es viele Flüchtlinge getan haben - nicht ab, sondern ging weiter nach Österreich. Dort stellte er am 7. März erneut einen Antrag auf internationalen Schutz. Mittels eines Datenabgleichs über das europäische System Eurodac war es den Behörden jedoch möglich, die vorherige Registrierung in einem anderen Mitgliedstaat festzustellen.
Hat ein Flüchtling bereits in einem anderen Land einen Asylantrag gestellt, so ist das Land der ersten Einreise zuständig. Dementsprechend ersuchten die österreichischen Behörden am 9. März 2015 die bulgarischen Behörden um die Wiederaufnahme von Herrn Shiri nach Art. 18 Abs. 1 Buchst. b der Dublin-III-VO. Bulgarien stimmte diesem Wiederaufnahmegesuch am 23. März 2015 ausdrücklich zu. Die Österreicher lehnten den in Österreich gestellten Asylantrag daraufhin als unzulässig ab und ordneten die Abschiebung an.
Tanja Podolski, Dublin III: Schlussanträge zu Überstellungs- und Wiederaufnahmefristen: . In: Legal Tribune Online, 21.07.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/23537 (abgerufen am: 23.11.2024 )
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