Deutschland bezahlt seine Richter zu schlecht – immer noch. Schon 2022 hatte die EU-Kommission die Bundesrepublik dafür kritisiert. Getan habe sich nichts, so die deutliche Maßregelung im aktuellen Rechtsstaatlichkeitsbericht.
Deutschland muss nach Ansicht der EU-Kommission Richter besser bezahlen und Regeln für den Wechsel von Spitzenpolitikern in die Wirtschaft verschärfen. In einer am Mittwoch vorgestellten Untersuchung zum Zustand des Rechtsstaats in allen 27 EU-Ländern verwies die Brüsseler Behörde darauf, dass Deutschland in diesem Bereich nur wenige Fortschritte gemacht habe. Bereits im Vorjahr hatte die Kommission diese Empfehlungen abgegeben.
Deutschland müsse sich mehr anstrengen, um "angemessene Ressourcen" für die Justiz sicherzustellen, heißt es in dem Report. Dazu gehöre auch die Besoldung der Richterinnen und Richter. Hier habe es im Vergleich zum vorherigen Report keine Fortschritte gegeben. Der Deutsche Anwaltverein (DAV) begrüßt den Tadel aus Brüssel. Er hatte in einer Stellungnahme zum diesjährigen Rechtsstaatlichkeitsbericht schon auf die ungenügende Ausstattung der Justiz hingewiesen. "Die Länderempfehlungen zeigen uns, dass wir als starke Stimme der Rechtsstaatlichkeit bei der EU-Kommission Gehör finden, wir hier zugleich aber weiterhin Nachdruck zeigen müssen", so Swen Walentowski, Leiter Politische Kommunikation und Medien beim DAV.
Karenzzeit für Wechsel zwischen Politik und Wirtschaft
Außerdem beanstandet der Report der Kommission erneut die Regeln für den Wechsel von Spitzenpolitikern in die Wirtschaft. Hier sah die EU-Kommission im Vergleich zum Vorjahr zwar einige Fortschritte. Dennoch müssten die Regeln einheitlicher und transparenter werden. Die sogenannte Abkühlphase für Bundesminister und parlamentarische Staatssekretäre nach ihrer Tätigkeit in der Politik müsse länger sein. Außerdem sollte der Einfluss von Lobbyisten bei der Ausarbeitung neuer Gesetze mit einem "legislativen Fußabdruck" sichtbarer gemacht werden.
Insgesamt stellte die EU-Kommission dem Rechtsstaat in Deutschland jedoch ein gutes Zeugnis aus.
Anders sieht es etwa in Polen aus: Die Kommission meldete erneut ernsthafte Bedenken im Hinblick auf die Unabhängigkeit der dortigen Justiz an. In Ungarn seien dagegen einige Reformen angestoßen worden, nachdem die EU mehrere Milliarden an EU-Hilfen derzeit eingefroren hat. Allerdings sei noch einiges zu tun, etwa bei der Pressefreiheit oder der Korruptionsbekämpfung. Insgesamt seien EU-weit etwa 65 Prozent der Empfehlungen aus dem Vorjahr ganz oder teilweise umgesetzt worden.
Die EU-Kommission veröffentlicht seit 2020 einmal im Jahr ihren Rechtsstaatlichkeitsbericht. Darin untersucht sie etwa den Zustand des Justizsystems, den Kampf gegen Korruption sowie Medienfreiheit und -vielfalt in den 27 EU-Staaten. In diesem Jahr wurde zum ersten Mal überprüft, wie die EU-Staaten die Empfehlungen aus dem vergangenen Jahr umgesetzt haben – insofern wurde Deutschland nun deutlich ermahnt.
dpa/mk/LTO-Redaktion
EU-Kommission ermahnt Deutschland: . In: Legal Tribune Online, 05.07.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/52160 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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