Die fehlende Möglichkeit der Stiefkindadoption diskriminiert gleichgeschlechtliche Paare in Österreich im Vergleich zu unverheirateten heterosexuellen Paaren. Dies hat der EGMR mit Urteil von Dienstag verkündet.
Beschwerde hatte ein lesbisches Paar eingelegt, das in einer stabilen Beziehung lebt. Sie rügten die Weigerung der österreichischen Gerichte, der Adoption des Sohnes der einen Partnerin durch die andere zuzustimmen, ohne dass damit die rechtliche Beziehung ersterer (der leiblichen Mutter) zu dem Kind aufgehoben würde.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) stellte fest, dass die Ungleichbehandlung der Beschwerdeführerinnen im Vergleich zu unverheirateten heterosexuellen Paaren, bei denen ein Partner das leibliche Kind des anderen adoptieren möchte, Art. 14 (Diskriminierungsverbot) in Verbindung mit Art. 8 (Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens) der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) verletzt.
Die Richter waren der Auffassung, dass die Ungleichbehandlung der beiden Frauen im Vergleich zu einem unverheirateten heterosexuellen Paar, bei dem ein Partner die Adoption des Kindes des anderen anstrebt, auf ihrer sexuellen Orientierung beruhte. Die österreichischen Gerichte hätten nicht überzeugend vorgebracht, dass dies zum Schutz der Familie oder des Kindeswohls notwendig sei.
Keine Diskriminierung sah der EGMR dagegen in der Ungleichbehandlung der Beschwerdeführerinnen im Vergleich zu verheirateten Paaren, bei denen ein Ehepartner das leibliche Kind des anderen adoptieren möchte. Gleichzeitig unterstrich der Gerichtshof, dass die Konvention Staaten nicht verpflichte, unverheirateten Paaren das Recht auf Stiefkindadoption einzuräumen.
plö/LTO-Redaktion
EGMR zur Stiefkindadoption: . In: Legal Tribune Online, 19.02.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/8176 (abgerufen am: 15.11.2024 )
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