ECCHR erhebt Vorwürfe: Ver­fahren gegen CIA-Mit­ar­beiter zu Unrecht ein­ge­s­tellt?

23.10.2013

Die Tötung des deutschen Staatsbürgers Bünyamin E. im Oktober 2010 sei kein Kriegsverbrechen gewesen, hatte die Generalbundesanwaltschaft angenommen und das Verfahren im Sommer eingestellt. Das ECCHR spricht von unzureichenden Ermittlungen und weist auf Rechtsfehler in der Einstellungsverfügung hin.

Der deutsche Staatsbürger Bünyamin E. kam am 4. Oktober 2010 in Pakistan ums Leben. Eine US-Drohne hatte ihn und vier weitere Personen angegriffen. Die Generalbundesanwaltschaft leitete daraufhin im Juli 2012 ein Ermittlungsverfahren gegen Unbekannt ein. Zu einer Klageerhebung kam es jedoch nicht, am 20. Juni 2013 wurde das Ermittlungsverfahren eingestellt. Die tatverdächtigen Mitarbeiter des CIA, die für den Drohneneinsatz verantwortlich waren, seien als Teil der amerikanischen Streitkräfte anzusehen. Bei dem Getöteten handele es sich um ein Mitglied einer organisierten bewaffneten Gruppe, welches nicht durch das humanitäre Völkerrecht geschützt werde. Daher liege kein Kriegsverbrechen vor. Der Angriff sei gerechtfertigt gewesen.

Das European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR) erhebt nun Zweifel an der Entscheidung der Generalbundesanwaltschaft. Die Ermittlungen seien unzureichend. Hierzu hat die Menschenrechtsorganisation ein 24-seitiges Gutachten veröffentlicht. Danach sei schon die Annahme eines "nicht-internationalen bewaffneten Konfliks, der durch zwei sich überschneidende Konfliktsbeziehungen gekennzeichnet" sei, zweifelhaft. So bleibe ungeklärt, ob die in Betracht kommenden Konfliktparteien überhaupt einem ausreichenden Organisationsgrad genügten. Ohne diese Informationen hätte man jedoch nicht feststellen können, ob der Getötete als Kämpfer eines bewaffneten Konflikts Ziel eines militärischen Angriffs hätte werden dürfen.

CIA nicht Teil der amerikanischen Streitkräfte

Große Kritik übt das ECCHR an der Ansicht der Bundesanwaltschaft, wonach die CIA Teil der Streitkräfte der USA sei. Gerade sie sei nämlich "nicht in die Befehls- und Kommandostruktur eingebettet". Sie könne sich daher nicht auf die Regeln des humanitären Völkerrechts berufen, der Angriff auf Bünyamin E. nicht gerechtfertigt sein. "Die Ermittlungen hätten insbesondere gegen die tatverdächtigen CIA-Mitarbeiter weitergeführt werden müssen", erklärte ECCHR-Referent Andreas Schüller.

Die Ermittlungen der Bundesanwaltschaft hatten ergeben, dass der Deutsche sich nacheinander mehreren aufständischen Gruppierungen angeschlossen habe, die die pakistanische Armee und die in Afghanistan stationierten ISAF-Streitkräfte bekämpften. Er habe sich zum Einsatz im bewaffneten Kampf ausbilden lassen und seit mit seinem Einverständnis auch für einen Selbstmordanschlag vorgesehen gewesen. Seine Tötung hielten die Ermittler daher nach den Regeln des Konfliktvölkerrechts für gerechtfertigt.

una/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

ECCHR erhebt Vorwürfe: . In: Legal Tribune Online, 23.10.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/9869 (abgerufen am: 14.11.2024 )

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