DAV: Anti-Terror-Gesetz­ge­bung gehört unter die Lupe

28.07.2011

Nach der Verlängerung der Anti-Terror-Gesetze um weitere vier Jahre sieht der DAV die Bundesregierung in der Pflicht, eine möglichst grundrechtsschonenden Sicherheitsarchitektur zu bewahren. Dazu müsse schnellst möglich ein institutionalisiertes Expertengremium geschaffen werden, das Polizei- und Sicherheitsgesetze unter Federführung des Bundestages evaluiert.

Eingriffsbefugnisse, die sich in der täglichen Praxis als nicht erforderlich, ungeeignet, ineffizient oder unverhältnismäßig erweisen, müssten wieder zurückgenommen werden. Besonders seien solche Instrumente kritisch zu begutachten, deren Tauglichkeit zur Verbrechensbekämpfung noch völlig offen ist, wie etwa die Online-Durchsuchung oder die Vorratsdatenspeicherung.

Dies macht es nach Auffassung von Prof. Dr. Wolfgang Ewer, Präsident des Deutschen Anwaltsvereins (DAV), notwendig, die auf die Bekämpfung der neuen Kriminalitätsformen Terrorismus, organisiertes Verbrechen und Internetkriminalität abzielenden Eingriffsbefugnisse hinsichtlich ihrer Wirksamkeit und Erforderlichkeit in der Praxis laufend zu beobachten.

"Es hat sich beispielsweise gezeigt, dass es zwischen Staaten mit und ohne Vorratsdatenspeicherung keine Unterschiede im Kriminalitätsaufkommen und - wenn überhaupt - nur marginale Unterschiede in der Aufklärungsquote, insbesondere bei schweren Verbrechen, gibt. Damit gehört die Regelung zumindest auf Grundlage der geltenden EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung nicht mehr eingeführt", so Ewer weiter.

Auch die Wirksamkeit der Online-Durchsuchung ist nach Ansicht des DAV zweifelhaft: Laut Bundesregierung sei im Zuständigkeitsbereich des Generalbundesanwalts bislang in keinem Fall aus einer Online-Durchsuchung gewonnene Informationen als Beweismittel vor Gericht verwendet worden. Er erscheine daher als fraglich, warum massenhaft Bewegungsprofile unbescholtener Bürgerinnen und Bürger erfasst werden sollen, wenn in anderen Bereichen die Datenerfassung eben nicht dazu führt, dass diese als Beweismittel taugen.

Die nach Ansicht des DAV notwendigen Anforderungen an eine ausgewogene und unabhängige Evaluation, hat der Verein in einem Eckpunktepapier zusammengefasst.

cla/LTO-Redaktion

 

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Zitiervorschlag

DAV: . In: Legal Tribune Online, 28.07.2011 , https://www.lto.de/persistent/a_id/3880 (abgerufen am: 21.11.2024 )

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