BVerwG zu Mehrarbeit von Lehrern: Halbe Wochenstunde muss bezahlt werden

16.07.2015

Lehrer in Schleswig-Holstein mussten pro Woche je eine halbe Stunde mehr arbeiten. Dies sollte später durch Verringerung der Stundenzahl ausgeglichen werden. Frühzeitig Pensionierte, die in den Genuss nicht kamen, klagten vor dem BVerwG.

Die Regelung für den Ausgleich der Vorgriffsstunden der Lehrer in Schleswig-Holstein muss auch einen angemessenen Ausgleich für die wegen vorzeitiger Zurruhesetzung noch nicht oder noch nicht vollständig ausgeglichenen Vorgriffsstunden enthalten. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) heute entschieden (Urt. v. 16.07.2015, Az. 2 C 41.13 u.a.).

Lehrer in Schleswig-Holstein hatten über mehrere Jahre zusätzlich zu den Pflichtstunden eine weitere halbe Unterrichtsstunde pro Woche (sog. Vorgriffsstunde) zu leisten. Die geleisteten Vorgriffsstunden sollten nach der einschlägigen Regelung in einer Verwaltungsvorschrift während eines entsprechenden Zeitraums vor dem Erreichen der Regelaltersgrenze durch Verringerung einer vollen Unterrichtsstunde pro Woche ausgeglichen werden. Ein Ausgleich in Geld war ausdrücklich ausgeschlossen.

Die Kläger haben wegen ihrer vorzeitigen Zurruhesetzung infolge Dienstunfähigkeit nicht den nach der Ausgleichsregelung vorgesehenen (vollständigen) Zeitausgleich für die von ihnen vorgeleisteten Vorgriffsstunden erhalten können. Ihre Klagen auf Feststellung, dass sie durch die Weigerung, ihnen einen finanziellen Ausgleich für geleistete und noch nicht ausgeglichene Vorgriffsstunden zu gewähren, in ihren Rechten verletzt sind, sind vor dem Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgericht ohne Erfolg geblieben.

Ungerechtfertigte Ungleichbehandlung, faktische Erhöhung der Wochenarbeitszeit

Das BVerwG hat demgegenüber festgestellt, dass die schleswig-holsteinische Regelung über den Ausgleich für geleistete Vorgriffsstunden die Kläger in ihrem Recht auf Gleichbehandlung aus Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz verletzt.

Die wegen Dienstunfähigkeit vorzeitig in den Ruhestand versetzten Lehrer seien im Verhältnis zur Vergleichsgruppe der Lehrer, die keine Vorgriffsstunden geleistet haben und denjenigen, die einen vollständigen Zeitausgleich für erbrachte Vorgriffsstunden erhalten haben, ungleich behandelt worden. Die darin liegende Ungleichbehandlung sei sachlich nicht gerechtfertigt.

Der Dienstherr müsse sich an der von ihm gewählten Konstruktion auch dann festhalten lassen, wenn dieser Ausgleichsmechanismus aus Gründen scheitert, die der betroffene Beamte nicht zu vertreten hat (hier: vorzeitige Zurruhesetzung infolge Dienstunfähigkeit). Andernfalls käme es bei dieser Gruppe von Lehrern faktisch zu einer Erhöhung der Pflichtstundenzahl und damit der durchschnittlichen Wochenarbeitszeit.

Das Land muss seine Verordnung nun dahingehend ändern, dass sie eine finanzielle Ausgleichsregel für Fälle enthält, in denen ein Ausgleich durch spätere Verringerung der Stundenzahl aus Gründen, die der Lehrer nicht verschuldet hat, nicht greift.

cvl/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

BVerwG zu Mehrarbeit von Lehrern: . In: Legal Tribune Online, 16.07.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/16256 (abgerufen am: 17.11.2024 )

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