In Dänemark bestand für den Fehmarnbelttunnel schon lange Baurecht, jetzt ist auch in Deutschland klar: Der Tunnel kann gebaut werden. Nur ein Problem mit Riffen muss noch gelöst werden.
Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat den Weg frei gemacht für den Bau des umstrittenen Fehmarnbelttunnels. Das Gericht in Leipzig wies am Dienstag alle Klagen gegen die Baupläne für den Ostseetunnel ab. Das Milliardenprojekt verstoße nicht gegen Naturschutzrecht und den Planern seien auch sonst keine Abwägungsfehler unterlaufen, urteilten die Bundesrichter (Urt. v. 03.11.2020, Az. 9 A 7.19 u.a.). Der 18 Kilometer lange Tunnel soll Fehmarn mit dem Lolland in Dänemark verbinden.
Die Leipziger Richter hatten über sechs Klagen zu entscheiden, eine weitere Klage eines Landwirts wurde kurz vor der Urteilsverkündung für erledigt erklärt. Zwei Naturschutzverbände, mehrere Fährunternehmen sowie die Stadt Fehmarn hatten sich gegen das Vorhaben gewandt. Sie zweifelten die Verkehrsprognosen für den Eisenbahn- und Autotunnel an und fürchteten gravierende Umweltauswirkungen, etwa auf Schweinswale, Miesmuscheln und Eiderenten.
Die Einwände überzeugten die Bundesrichter allerdings nicht. Dem Bauvorhaben fehle es nicht an einer Planrechtfertigung, sagte der Vorsitzende Richter Wolfgang Bier in der Urteilsbegründung. Deutschland und Dänemark hatten sich in einem Staatsvertrag auf das Projekt verständigt. Damit sei der Bedarf für den Tunnel gesetzlich geregelt - auch wenn dort sehr viel weniger Autos fahren werden als normalerweise auf deutschen Autobahnen. Die Kritiker hatten die Trasse als überdimensioniert eingestuft.
Dänische Projektgesellschaft kündigt baldigen Baubeginn an
Das Gericht sah auch keinen Verstoß gegen das Naturschutzrecht. So sei zum Schutze der im Fehrmarnbelt lebenden Schweinswale vor Baulärm ein vorsorglicher Grenzwert festgesetzt worden, der deutlich unter dem Quellpegel großer Schiffe und Fähren liege. Für eventuell erforderliche Unterwassersprengungen gäbe es Geräte, die die Schallausbreitung um 90 Prozent reduzieren würden. Laut Gericht hätten Untersuchungen deutlich gemacht, dass die Durchführung des Projekts keine erheblichen Risiken für Rastvögel und die Eiderenten bewirke.
In einem Punkt müssen die Planer laut Gericht allerdings nachbessern. Nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses waren im Bereich der Trasse Riffe entdeckt worden, die als Biotope streng geschützt sind und nicht zerstört werden dürfen. Hier muss in einem ergänzenden Verfahren nun geklärt werden, wie das Problem nachträglich gelöst werden kann.
Der Naturschutzbund Nabu reagierte mit Enttäuschung auf das Leipziger Urteil. "Wir sind erstmal enttäuscht, dass das Gericht unseren Sorgen um den Schutz von Ostsee, von Schweinswalen und von Meeresenten nicht gefolgt ist", sagte Nabu-Präsident Jörg-Andreas Krüger. Bedenken der Naturschützer seien quasi weggewischt worden. Froh sei der Nabu aber, dass das Riff-Problem geklärt werden muss. "Die Fehler, die da gemacht worden sind, müssen bereinigt werden", sagte Krüger. "Wir hoffen, dass die Planungsträger damit sehr ernsthaft umgehen."
Die dänische Projektgesellschaft Femern A/S kündigte einen baldigen Baubeginn an. "Das Gericht hat alle Klagen abgewiesen, das heißt, wir dürfen sofort in Deutschland beginnen." Ab Januar werde eine Fabrik für die Tunnelelemente in Dänemark errichtet. Achteinhalb Jahre später solle der Tunnel fertig sein. Anwaltlich vertreten wurde die Projektgesellschaft von Dr. Christiane Kappes, Partnerin der Wirtschaftskanzlei CMS Deutschland. Das Projekt sei in der Planung nicht nur komplex, sondern vor allem in rechtlichen Aspekten hochanspruchsvoll, betonte die Anwältin. "Das Urteil bestätigt einmal mehr, dass der Projektträger sämtliche Herausforderungen mit Weit- und Umsicht gemeistert hat", so Kappes.
Im Nachbarland besteht schon seit 2015 Baurecht. Dänemark wird den Tunnel auf eigene Kosten von geschätzt 7,1 Milliarden Euro bauen und betreiben. Deutschland muss für die Kosten der Straßen- und Schienenanbindung auf schleswig-holsteinischer Seite in Höhe von 3,5 Milliarden Euro aufkommen. Darin enthalten ist ein Risikopuffer von 1,1 Milliarden Euro. Die deutsche Hinterlandanbindung ist Gegenstand gesonderter Genehmigungsverfahren. Mehrere Gemeinden verlangen einen besseren Lärmschutz.
dpa/acr/LTO-Redaktion
Umstrittenes Bauprojekt: . In: Legal Tribune Online, 03.11.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/43305 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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