Das BVerwG hält Fahrverbote in Städten ausnahmsweise für zulässig. Die beklagten Städte Düsseldorf und Stuttgart müssten aber ihre Luftreinhaltepläne auf Verhältnismäßigkeit prüfen, urteilte das Gericht am Dienstag.
Der Weg für Fahrverbote ist frei: Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hält Diesel-Fahrverbote grundsätzlich für zulässig (Urt. v. 28.02.2018, Az. 7 C 26.16 u. 7 C 30.17). Städte können nunmehr eigenmächtig Verbote anordnen. Eine bundesweite Regelung ist nicht erforderlich. Die beklagten Städte Düsseldorf und Stuttgart müssten aber ihre Luftreinhaltepläne auf Verhältnismäßigkeit prüfen, entschied das Gericht in Leipzig.
Das Urteil sieht zudem Übergangsfristen und eine phasenweise Einführung von Fahrverboten vor. In Stuttgart seien Fahrverbote nicht vor dem 1. September 2019* möglich. Außerdem solle es Ausnahmeregelungen etwa für Handwerker geben. Es gebe aber keine finanzielle Ausgleichspflicht. "Gewisse Wertverluste sind hinzunehmen", sagte der Vorsitzende Richter Andreas Korbmacher. Die zuständigen Landesbehörden hätten es in der Hand, einen "Flickenteppich" zu verhindern.
Die Verwaltungsgerichte (VG) in Stuttgart und Düsseldorf hatten entschieden, Luftreinhaltepläne müssten verschärft werden - dabei seien auch Fahrverbote in Betracht zu ziehen. Die Landesregierungen von Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen argumentierten dagegen, es brauche eine neue bundesweite Rechtsgrundlage. Diese Auffassung wiesen die Richter in Leipzig nun zurück.
Deutschland droht auch Ärger mit der EU
Seit Jahren werden in vielen Städten Luftverschmutzungs-Grenzwerte nicht eingehalten. Dabei geht es um Stickoxide, die unter anderem Atemwegs- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen auslösen oder verschlimmern können. Der Verkehr, darunter vor allem Dieselautos, macht in Städten nach Angaben des Umweltbundesamts mehr als 60 Prozent der Belastung aus. Für die Einhaltung von Grenzwerten, die seit 2010 gelten, laufen seit Jahren Klagen der Deutschen Umwelthilfe (DUH). Auch die Verfahren in Düsseldorf und Stuttgart gingen auf DUH-Klagen zurück.
Deutschland hat wegen der Luftverschmutzung in Städten auch Ärger mit der EU. Die EU-Kommission hatte die bisherigen Anstrengungen für bessere Luft als nicht ausreicheichend kritisiert und die schnellstmögliche Einhaltung der Grenzwerte gefordert - andernfalls droht eine Klage gegen Deutschland beim EuGH.
Am Wochenende war bekannt geworden, dass die Bundesregierung noch in diesem Jahr über die Straßenverkehrsordnung eine neue Rechtsgrundlage für Kommunen schaffen will, um Fahrverbote für einzelne Straßen zu erlassen. Die Städte fordern stattdessen eine bundesweit einheitliche Regelung wie eine "blaue Plakette" für relativ saubere Autos, mit der sich Fahrverbote einfacher kontrollieren ließen. Die Bundesregierung lehnt die Einführung einer solchen Plakette bisher ab.
dpa/hs/LTO-Redaktion
*Jahreszahl korrigiert am 06.03.2018, 14:00 Uhr
BVerwG zu Luftreinhalteplänen: . In: Legal Tribune Online, 27.02.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/27227 (abgerufen am: 03.11.2024 )
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