13,5 Milliarden Kubikmeter Erdgas sollen über das LNG-Terminal vor Rügen bald jährlich in das deutsche Netz eingespeist werden. Umweltverbände wollen das nicht hinnehmen. Am Donnerstag verhandelt das BVerwG.
Im Hafen Mukran sollen künftig zwei sogenannte Regasifizierungsschiffe (Floating Storage and Regasification Units - FSRUs) an das bestehende Gasfernleitungsnetz angebunden werden und damit Flüssigerdgas (LNG) aufnehmen, umwandeln und über eine 50 Kilometer lange Pipeline in der Ostsee zum Einspeisepunkt in Lubmin leiten.
Hiergegen klagen zwei Umweltvereinigungen, die Deutsche Umwelthilfe (DUH) und der Naturschutzbund (NABU) Mecklenburg-Vorpommern. Konkret greifen sie den entsprechenden Planfeststellungsbeschluss für die Errichtung und den Betrieb der Gasversorgungsleitung an. Der Vorwurf der Umweltverbände: Fehlende Umweltverträglichkeitsprüfungen, unzureichende Öffentlichkeits- und Verbändebeteiligungen, Verstöße gegen Vorschriften der Anlagensicherheit, des Wasser-, Artenschutz-, Gebietsschutz- und Biotopschutzrechts sowie Abwägungsfehler des Planfeststellungsbeschlusses. Die Gemeinde Ostseebad Binz, die ebenfalls geklagt hatte (Az. 7 A 10.23), hat ihre Klage zwischenzeitlich zurückgenommen (§ 92 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO)).
Am Donnerstag wird nun das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) über die Klagen von DUH und NABU in der Hauptsache verhandeln (Az. 7 A 9.23 und 7 A 11.23).
Eilrechtsschutz hatte keinen Erfolg
Die Kläger waren gegen den Planfeststellungsbeschluss bereits im Wege des Eilrechtsschutzes vorgegangen und wollten einen Baustopp erreichen. Das BVerwG hatte die Anträge jedoch im September vergangenen Jahres abgelehnt und damit den Weiterbau des LNG-Terminals und die Anbindungspipeline gebilligt (Beschl. v. 12.09.2023, Az. 7 VR 4.23 und Beschl. v. 15.09.2023, Az. 7 VR 1.24 und 2.24).
Das Gericht war der Ansicht, dass der Bedarf für die Leitung durch das Gesetz zur Beschleunigung des Einsatzes verflüssigten Erdgases (LNG-Beschleunigungsgesetz) gesetzlich festgestellt werde. Unter dem Eindruck des russischen Angriffs auf die Ukraine hatte der Gesetzgeber mit dem LNG-Beschleunigungsgesetz die Möglichkeit geschaffen, im Sinne der Versorgungssicherheit auf eine Umweltverträglichkeitsprüfung zu verzichten.
Deshalb entschieden die Leipziger Richter: Eine Umweltverträglichkeitsprüfung musste nicht durchgeführt werden. Außerdem gehe der Planfeststellungsbeschluss zu Recht davon aus, dass die Gasversorgungskrise in den kommenden Heizperioden fortbestehe. Zuletzt wiesen die Richter auch Einwände der Umweltverbände gegen die technische Sicherheit der Leitung und die umweltfachliche Bewertung der Auswirkungen von Unterwasserschall auf Meeressäuger zurück.
Umweltverbände hoffen nun auf die Hauptsacheentscheidung
Trotz dieser juristischen Niederlagen im Eilrechtsschutz gehen die klagenden Umweltverbände optimistisch in das Hauptverfahren vor dem BVerwG. Es werde nicht einfach, das Gericht zu überzeugen, sagte Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der DUH am Dienstag. Die Frage der Gasmangellage, die für das Projekt entscheidend war, gebe es aber definitiv nicht.
Am 09. April hatte das Staatliche Umweltamt Vorpommern auch den Regelbetrieb des LNG-Terminals genehmigt. Im Hafen von Mukran liegt bereits das Spezialschiff "Energos Power", das seit Anfang März im Probebetrieb läuft. Spätestens am 15. Mai soll der Regelbetrieb beginnen und bis zum Sommer die volle Leistungsfähigkeit erreichen.
Auch gegen diese Genehmigung des Regelbetriebs wollen die beiden Umweltverbände juristisch vorgehen. "Der Schaden für die Umwelt und Natur ist zwar schon durch den Bau entstanden. Aber der Regelbetrieb hätte eine Dauerbelastung durch den immensen Tankerverkehr zur Folge", erläuterte Müller-Kraenner.
Ob das BVerwG bereits am Donnerstag eine Entscheidung fällt, ist noch unklar.
dpa/cho/LTO-Redaktion
LNG-Pipeline bei Rügen: . In: Legal Tribune Online, 16.04.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/54345 (abgerufen am: 22.11.2024 )
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