Empfänger bestimmter Sozialleistungen sind von der Rundfunkbeitragspflicht befreit. Alle anderen müssen grundsätzlich zahlen – außer in besonderen Härtefällen. Das BVerwG hat nun entschieden, wann ein solcher Fall vorliegt.
Wer kein Vermögen und ein geringes Einkommen auf Sozialhilfeniveau hat, kann wegen eines besonderen Härtefalls von der Rundfunkbeitragspflicht befreit werden. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) im Falle einer Absolventin eines Zweitstudiums entschieden, die mangels Förderungsfähigkeit keine Leistungen nach dem Berufsausbildungsförderungsgesetz (BAföG) und deshalb auch keine Sozialleistungen erhielt (Urt. v. 30.10.2019, Az. 6 C 10.18).
Die Klägerin, Inhaberin einer Wohnung und damit grundsätzlich zur Zahlung des Rundfunkbeitrags verpflichtet, hatte erfolglos eine Befreiung beantragt. Nach ihrem Bachelorstudium absolvierte sie ein Zweitstudium und lebte von Unterhaltsleistungen der Eltern und Wohngeld. Nach Abzug der Mietkosten standen ihr laut Gericht 337 Euro für ihren Lebensunterhalt zur Verfügung. Ihre gegen die Beitragsfestsetzung und auf Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht gerichtete Klage blieb in den Vorinstanzen ebenfalls ohne Erfolg.
Das BVerwG hielt die Festsetzung der rückständigen Rundfunkbeiträge für rechtmäßig, verpflichtete die öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt aber zur Befreiung der Frau von der Beitragspflicht. Sie erhalte zwar keine Sozialleistungen, die nach den Katalogtatbeständen des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags zu einer Befreiung führen und auch eine erweiternde Anwendung der Katalogtatbestände scheide aus – allerdings sehe der Rundfunkstaatsvertrag auch eine Befreiung in besonderen Härtefällen vor, so das Gericht.
Befreiung bei Bedürftigkeit
Der Begriff des besonderen Härtefalls erfasse "vor allem diejenigen Fälle, in denen der Beitragsschuldner eine mit den Empfängern von Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII vergleichbare Bedürftigkeit nachweisen kann", so das BVerwG in einer Mitteilung. Einkommensschwache Beitragsschuldner wie die Klägerin, die kein verwertbares Vermögen und nach Abzug der Wohnkosten weniger Einkommen zur Verfügung haben als Empfänger von Sozialleistungen, zählen laut BVerwG dazu.
Auch Gründe der Verwaltungsvereinfachung rechtfertigen es laut Gericht nicht, einkommensschwachen Personen, die mit ihrem Einkommen unter den sozialhilferechtlichen Regelsätzen liegen und dieses zur Deckung ihres Lebensbedarfs benötigen, eine Befreiung zu versagen, während Leistungsempfänger nicht auf ihr Einkommen zurückgreifen müssen. Laut Urteil müssen die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten in solchen Fällen anhand der vorgelegten Nachweise das Vorliegen einer vergleichbaren Bedürftigkeit prüfen.
acr/LTO-Redaktion
BVerwG zur Rundfunkbeitragspflicht: . In: Legal Tribune Online, 01.11.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/38517 (abgerufen am: 04.11.2024 )
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