BVerwG: Woh­nungs­bor­dell in Misch­ge­biet kann zulässig sein

09.11.2021

Ein auf Diskretion angelegtes sogenanntes "Wohnungsbordell" in einem Mischgebiet in Berlin ist nicht von vornherein unzulässig. Es kommt nämlich nicht automatisch zu "milieubedingten Unruhen", wie das BVerwG entschied. 

Ein sogenanntes Wohnungsbordell in einem durch Bebauungsplan festgesetzen Mischgebiet ist bauplanungsrechtlich nicht von vornherein unzulässig. Dies entschied das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) in Leipzig am Dienstag und verwies den Fall zurück an das Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg (Urt. v. 09.11.2021, Az. 4 C 5.20).

Die Klägerin hatte eine Baugenehmigung für die Änderung einer Wohnnutzung in eine gewerbliche Nutzung begehrt. Sie ist Mieterin dreier miteinander verbundenen Wohnungen im zweiten Stock eines siebenstöckigen Gebäudes in Berlin. Dort betreibt sie seit 1996 ein sogenanntes Wohnungsbordell. Das Gebäude liegt im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der ein Mischgebiet ausweist. 

Ihr Bauantrag wurde jedoch abgelehnt. Das OVG wies ihre Klage dagegen ab. Ein bordellartiger Betrieb, wie ihn die Klägerin führe, sei mit der im Mischgebiet ebenfalls zulässigen Wohnnutzung wegen der damit bei typisierender Betrachtung verbundenen "milieutypischen Unruhe" nicht vereinbar, so das OVG zur Begründung.

Das BVerwG hob diese Entscheidung nun auf und verwies die Sache zurück an das OVG. Die Vorinstanz habe des Begriff der "milieubedingten Unruhe" zu weit verstanden und habe das Störpotenzial des Bordells fehlerhaft bestimmt. Die Unverträglichkeit von bordellartigen Betrieben und Wohnnutzung beruhe auf der Annahme, dass die Betriebe nach außen als solche in Erscheinung treten und dies gerade in den Abend- und Nachtstunden zu Störungen insbesondere durch den Zu- und Abgangsverkehr führe. Dieses typische Störpotenzial komme einem auf Diskretion angelegten, nach 20 Uhr geschlossenen Wohnungsbordell nicht zu, befand das BVerwG. 

Es unterscheide sich nicht erkennbar von der sonst zulässigen Nutzung und ziehe daher insbesondere keine Laufkundschaft an, so das Leipziger Gericht weiter. Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit eines Wohnbordells müsse das OVG daher mittels Einzelfallbetrachtung zu prüfen.

acr/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

BVerwG: . In: Legal Tribune Online, 09.11.2021 , https://www.lto.de/persistent/a_id/46603 (abgerufen am: 02.11.2024 )

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