Die Karlsruher Richter haben deutliche Zweifel, ob Hochschulprofessoren ausreichend bezahlt werden. Das wurde am Dienstag in der mündlichen Verhandlung über die Vorlage des VG Gießen deutlich.
Das sogenannte Alimentationsprinzip, wonach Beamte angemessen bezahlt werden müssen, sei "zentraler Bestandteil der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums", sagte der Präsident des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) Andreas Voßkuhle. Das Verfahren habe Pilotfunktion für andere anhängige Streitigkeiten über die Besoldung von Richtern und Beamten im Allgemeinen.
Im Ausgangsverfahren vor dem Verwaltungsgericht (VG) Gießen hatte ein Chemieprofessor aus Marburg geklagt. Er war 2005 mit einem
Grundgehalt von zunächst 3890,03 Euro eingestellt worden. Dazu kamen so genannte Leistungsbezüge in Höhe von 23,72 Euro.
Besoldung steigt nicht mehr mit dem Alter
Seit 2005 werden alle neu eingestellten Professoren nach neuen Besoldungsgruppen bezahlt, die zum Teil deutlich unter den alten
Sätzen liegen - nach der Grundstufe der Besoldungsgruppe W2 etwa so viel wie ein Regierungsrat oder ein Gymnasiallehrer in der höchsten Altersstufe. Dafür haben die Universitäten die Möglichkeit, je nach Leistung Zulagen zu bezahlen. Wie ein Mitarbeiter des Statistischen Bundesamts vortrug, liegen die Zulagen im Durchschnitt bei rund 900 Euro pro Monat. Im Gegensatz zur früheren Besoldung steigt die Bezahlung aber nicht mehr automatisch mit dem Alter.
Der verfassungsrechtliche Schutz des Alimentationsprinzips sei Ausgleich dafür, dass die Beamten "weder mit ihrem Dienstherrn über ihre Besoldung verhandeln noch höhere Bezüge mit den Mitteln des Arbeitskampfrechts durchsetzen können", sagte Voßkuhle. In den vergangenen Jahren hätten Beamte "teils schmerzhafte Einschnitte" hinnehmen müssen.
Verfassungsrichter Udo Di Fabio stellte in Frage, ob eine "Ökonomisierung des Wissenschaftsbetriebs" mit den Mitteln des Beamtenrechts überhaupt möglich sei. Vier der acht Mitglieder des Zweiten Senats sind selbst Professoren.
Flexible Besoldung zur internationalen Vergleichbarkeit
Für das Land Hessen verteidigte Innenminister Boris Rhein (CDU) die Neuregelung. Ziel der Reform sei eine leistungsorientierte Bezahlung gewesen. "Der Staat muss die Möglichkeit haben, um die klügsten Köpfe zu werben."
Der SPD-Bundestagsabgeordnete Dieter Wiefelspütz, der 2002 mit an der Ausarbeitung der Reform beteiligt war, betonte den Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers. "Es ging darum, Anschluss zu finden an internationale Entwicklungen." Deshalb sei die Besoldung flexibler geregelt worden.
Der Präsident des Deutschen Hochschulverbands, Bernhard Kempen, sprach von einer "systemischen Bedeutung" der Hochschullehrer. Er kritisierte, die genaue Höhe der Besoldung sei angesichts der Leistungsbezüge nur schwer vorhersehbar. Für die Hochschulrektorenkonferenz betonte Peter Hommelhoff, eine akademische Karriere bedeute auch "ein hohes Risiko des Scheiterns". Dies müsse bei der Bezahlung berücksichtigt werden.
dpa/tko/LTO-Redaktion
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BVerfG: . In: Legal Tribune Online, 11.10.2011 , https://www.lto.de/persistent/a_id/4522 (abgerufen am: 19.11.2024 )
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