BVerfG: Rückwirkende Neuregelung zur Besteuerung von Wohnmobilen verfassungsgemäß

von plö/ LTO-Redaktion

19.11.2010

Das BVerfG hat eine gegen ein Urteil des BFH gerichtete Verfassungsbeschwerde, mit der ein Halter eines Wohnmobils einen Verstoß gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot gerügt hat, nicht zur Entscheidung angenommen.

Für die Bemessung der Kraftfahrzeugsteuer gab es bis zum 30. April 2005 nur die Fahrzeugkategorien Personenkraftwagen und "andere Fahrzeuge", zu denen insbesondere Lastkraftwagen zählen. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) wurden in Analogie zu § 23 Abs. 6a Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO), der die Zuordnung von sog. Kombinationskraftwagen regelt, als Personenkraftwagen solche Wohnmobile eingeordnet, deren zulässiges Gesamtgewicht 2,8 t nicht überschreitet.

Ein Wohnmobil mit einem zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 2,8 t stufte der BFH dementsprechend als "anderes Fahrzeug" ein. § 23 Abs. 6a StVZO a. F. wurde mit Wirkung ab 1. Mai 2005 aufgehoben, so dass ein Lückenschluss im kraftfahrzeugsteuerrechtlichen Regelungsgefüge durch eine analoge Anwendung dieser Vorschrift nicht mehr möglich war. Nach einer Absprache der obersten Finanzbehörden der Länder wurde in den Bundesländern jedoch im Hinblick auf eine zu erwartende gesetzliche Neuregelung die bisherige Besteuerung zunächst "übergangsweise" fortgeführt.

Mit dem am 28. Dezember 2006 verkündeten Dritten Gesetz zur Änderung des Kraftfahrzeugsteuergesetzes hat der Gesetzgeber Wohnmobile als eine eigenständige Fahrzeugkategorie in das Kraftfahrzeugsteuergesetz aufgenommen und hierfür die Steuer mit einem eigenen Tarif nach dem Gewicht und nach Schadstoffemissionen bemessen. Das 3. Kraftfahrzeugsteueränderungsgesetz trat mit Wirkung vom 1. Mai 2005 in Kraft. Nach einer Übergangsregelung waren Wohnmobile bis zum 31. Dezember 2005 nach der bisherigen Rechtspraxis zu besteuern.

Das Finanzamt bemaß die Kraftfahrzeugsteuer für das Wohnmobil des Beschwerdeführers zunächst nach dem für "andere Fahrzeuge" geltenden Tarif. Mit Änderungsbescheid vom 9. Juli 2007 setzte es entsprechend der Neuregelung die Kraftfahrzeugsteuer für den Zeitraum bis zum 31. Dezember 2005 wie bisher nach dem zulässigen Gesamtgewicht auf 198 Euro jährlich und ab dem 1. Januar 2006 nach dem neuen Tarif für Wohnmobile auf 310 Euro jährlich fest. Der hiergegen erhobene Einspruch eine Klage vor den Finanzgerichten blieben ohne Erfolg.

Voraussetzungen für Verfassungsbeschwerde nicht gegeben

Nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) lagen die Voraussetzungen für eine Annahme der Verfassungsbeschwerde nicht vor. Es bestünden keine durchgreifenden Bedenken, dass der BFH den Bedeutungsgehalt des Rechtsstaatsprinzips bei der Auslegung und Anwendung der Neuregelung zur Besteuerung von Wohnmobilen grundsätzlich verkannt hat. Diese entfalte zwar eine echte Rückwirkung, da sie auch für bereits abgeschlossene Veranlagungszeiträume anwendbar sei, die vor dem Zeitpunkt der Verkündung der Norm liegen.

Ein Verstoß gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot oder allgemeine Vertrauensschutzgesichtspunkte liege jedoch nicht vor. Das Rückwirkungsverbot gelte nur für belastende Regelungen. Die Neuregelung für Wohnmobile stelle demgegenüber eine begünstigende Regelung dar. Denn infolge der Übergangsregelung beschränke sich der Rückwirkungszeitraum auf den Zeitraum ab dem 1. Januar 2006. Ohne die Neuregelung wären Wohnmobile ab dem 1. Januar 2006 aufgrund des Wegfalls des § 23 Abs. 6a StVZO als Personenkraftwagen nach dem Hubraum und damit höher zu besteuern, so dass der für sie eingeführte Sondertarif eine Begünstigung darstelle.

Auch sei das Vertrauen des Beschwerdeführers auf den Fortbestand der alten Rechtslage nicht in einer verfassungsrechtlich nicht mehr hinnehmbaren Weise enttäuscht worden. Denn zum einen sei die allgemeine Erwartung des Bürgers, das geltende Recht werde unverändert fortbestehen, verfassungsrechtlich nicht geschützt. Auch der Steuerpflichtige könne nicht darauf vertrauen, dass der Gesetzgeber steuerliche Vergünstigungen, die er bisher - insbesondere aus konjunkturpolitischen Erwägungen - gewährt hat, immer uneingeschränkt auch für die Zukunft aufrechterhalte.

Zum anderen konnte hier kein Vertrauen in den Fortbestand der bisherigen Besteuerung entstehen, da die frühere Veranlagungspraxis nur vorläufig gelten sollte und Steuerfestsetzungen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung im Hinblick auf die anstehende Neuregelung erfolgen, also verfahrensrechtlich jederzeit änderbar bleiben sollten.

Zitiervorschlag

BVerfG: . In: Legal Tribune Online, 19.11.2010 , https://www.lto.de/persistent/a_id/1979 (abgerufen am: 05.11.2024 )

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