Viele Berufstätige sehnen sich nach der Rente. Nicht so der klagende Anwaltsnotar. Er wehrte sich erfolglos gerichtlich gegen die Altersgrenze von 70 Jahren. Auch das BVerfG schickt ihn nun erst einmal in den Ruhestand.
Am 30. November feiert er seinen 70. Geburtstag. Ein Alter, in dem andere längst die Beine hochlegen. Doch der Anwaltsnotar verspürt noch immer den Drang, seinem Beruf nachzugehen. Das Problem: Das Gesetz schreibt vor, dass sich Notare mit 70 Jahren zur Ruhe setzen müssen. Um die Regelung zu kippen klagte der arbeitslustige Mann, blieb jedoch ohne Erfolg. Die letzte Hoffnung: das Bundesverfassungsgericht (BVerfG).
Während seine Verfassungsbeschwerde noch anhängig ist, versuchte er zu erreichen, dass das BVerfG die Altersgrenze vorläufig aussetzt, sodass er auch über seinen Geburtstag in gut einem Monat hinaus weiterarbeiten kann. Doch auch hier bleibt dem Mann ein Erfolg versagt: Das BVerfG lehnte am Dienstag den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ab, mit dem sich der als Anwaltsnotar tätige Beschwerdeführer gegen das Erlöschen seines Notaramtes durch Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze für Notare gewendet hatte (Besch. v. 24.10.23, Az. 1 BvR 1796/23).
Gegenstand der Verfassungsbeschwerde und des Eilverfahrens sind die §§ 47 Nr. 2, 48a der Bundesnotarordnung (BNotO). Demnach erlischt das Amt des Notars mit dem Ende des Monats, in dem er das 70. Lebensjahr vollendet. Mit seinem Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz wendete er sich gegen das automatische Erlöschen seines Notaramtes durch Erreichen der Altersgrenze.
BVerfG: Nachteile "nicht gewichtig genug"
Doch die Voraussetzungen für den Erlass der einstweiligen Anordnung liegen nach Ansicht des BVerfG nicht vor.
Nach § 32 Abs. 1 Bundesverfassungsgerichtsgesetz (BVerfGG) kann das BVerfG im Streitfall einen Zustand durch einstweilige Anordnung vorläufig regeln, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dringend geboten ist. Dabei haben die Gründe, die für die Verfassungswidrigkeit des angegriffenen Hoheitsakts vorgetragen werden, grundsätzlich außer Betracht zu bleiben. Die Erfolgsaussichten der Verfassungsbeschwerde sind nur dann zu berücksichtigen, wenn sich die Verfassungsbeschwerde von vornherein als unzulässig oder offensichtlich unbegründet erweist oder wenn ein Abwarten den Grundrechtsschutz vereiteln würde.
Diese "besonders hohen Hürden" habe der Anwaltsnotar nicht erreicht. Er habe insbesondere nicht hinreichend dargelegt, dass eine spätere Rückkehr in den Notarberuf ausgeschlossen wäre – also eine Rückkehr nach einer möglicherweise für ihn positiven Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde.
BGH zuvor: Altersgrenze mit dem EU-Recht vereinbar
Der Kläger hatte zuvor bereits gerichtlich geltend gemacht, die Altersgrenze verstoße gegen das Verbot der Diskriminierung wegen des Alters aus Art. 21 Abs. 1 der EU-Grundrechtecharta (GRCh) und aus Art. 1, Art. 2 Abs. 2 Buchst. a der Gleichbehandlungsrahmenrichtlinie (Richtlinie 2000/78/EG).
Doch das erstinstanzlich nach § 111 Abs. 1 BNotO zuständige OLG Köln wies seine Klage ab. Auch in der Berufungsinstanz vor dem Senat für Notarsachen des Bundesgerichtshofs (BGH) gab es keinen Richtungswechsel. Der BGH entschied, dass die Altersgrenze für Notare mit dem EU-Recht vereinbar ist (Urt. v. 21.08.2023, Az. NotZ(Brfg) 4/22). Die Altersgrenze solle den Generationenwechsel erleichtern und den Berufsstand der Notare verjüngen, argumentierte der BGH. Die Beschränkung sei dazu – nach den vom Senat getroffenen Feststellungen – nach wie vor erforderlich.
Verfassungsbeschwerde noch offen
Auch die Bundesnotarkammer hat sich für die Altershöchstgrenze ausgesprochen. "Ohne diese Höchstgrenze würde der Berufsstand überaltern und die Qualität der Rechtspflege im Rechts- und Wirtschaftsstandort Deutschland erheblich leiden", erklärte der Pressesprecher der Bundesnotarkammer Dr. Milan Bayram gegenüber LTO. Die Altershöchstgrenze sei darauf gerichtet, unter den Notar:innen die Berufschancen zwischen den Generationen zu verteilen und ermögliche dem juristischen Nachwuchs, den planbaren und vorhersehbaren Zugang zum Notarberuf, so Bayram.
Eine Entscheidung über die in der Hauptsache bereits erhobene Verfassungsbeschwerde steht noch aus. Mit dieser macht der Anwaltsnotar insbesondere geltend, die gesetzliche Altersgrenze für Notare verletze ihn in seiner Berufsfreiheit. Wann das Gericht über die Verfassungsbeschwerde entscheidet, ist laut Pressestelle des BVerfG noch nicht absehbar.
mw/LTO-Redaktion
Anwaltsnotar scheitert mit Eilantrag: . In: Legal Tribune Online, 24.10.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/52981 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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