Freie Abstimmung über Ehe für alle: Zwi­schen Gewissen und Grund­ge­setz

27.06.2017

Die SPD will noch in dieser Woche eine Bundestags-Abstimmung über die Ehe für alle. Angela Merkel hebt schon mal den Fraktionszwang auf. Obwohl die Abgeordneten nun nach ihrem Gewissen entscheiden können, beruft sich so mancher auf die Verfassung.

Am Montagabend erst sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in einem Interview, sie wünsche sich zum Streitthema "Ehe für alle" eine Diskussion, die "eher in Richtung einer Gewissensentscheidung geht". Gleich am Tag danach griff ihr sozialdemokratischer Herausforderer im Wahlkampf, Martin Schulz, die Vorlage auf und forderte eine Bundestags-Abstimmung noch in dieser Woche. Am Dienstag hob Merkel dafür bereits den Fraktionszwang auf.

Die SPD werde einen entsprechenden Entwurf des Bundesrats auf jeden Fall zur Abstimmung in den Bundestag einbringen, kündigte Schulz an. Den direkten Konfrontationskurs zum Koalitionspartner wollte er aber nicht einschlagen: Er hoffe, dass die Union bei der Abstimmung mitziehe. Man nehme Kanzlerin Merkel nun "beim Wort".

Erst vor einer Woche sind die Grünen mit ihrem Vorhaben gescheitert, vor dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) eine Abstimmung zu erzwingen. Das Thema wurde von den Koalitionspartnern im Rechtsausschuss immer wieder vertagt, obwohl gleich drei Gesetzentwürfe vorliegen. Sie alle sehen vor, § 1353 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) um eine Definition der Ehe zu ergänzen, die vorsieht, dass auch gleichgeschlechtliche Paare die Ehe eingehen können. CDU und CSU hatten sich bislang gegen eine Abstimmung gesträubt.

Niemand will Koalitionsbruch

Von einem Koalitionsbruch kurz vor dem Ende der Legislaturperiode wollte in beiden Regierungsparteien niemand sprechen. "Wir verhalten uns koalitionstreu - auch in dieser Sache" erklärte SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann. Wenn alle eine Gewissensentscheidung wollten, dann müsse sie auch kommen.

Oppermann betonte dabei, mit der CDU zusammenarbeiten zu wollen. Schulz kündigte an, man werde im Falle einer Weigerung der Union noch am Dienstagnachmittag über das weitere Vorgehen beraten. Man wolle die Koalition aber nicht platzen lassen.

CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt erklärte für den Fall eines möglichen Alleingangs des Koalitionspartners: "Die drei Monate würden wir nach meinem Dafürhalten schon überstehen." Man würde damit "demokratisch und kollegial" umgehen. Deutlicher wurde der CSU-Abgeordnete Peter Ramsauer: "Ich will das Thema überhaupt nicht im Bundestag haben", sagte er der Rheinischen Post. "Deutschland hat ganz andere Probleme. Aber die CDU-Führung soll sich davor hüten, auch noch die letzten konservativen Werte zu zerstören.

Zitiervorschlag

Freie Abstimmung über Ehe für alle: . In: Legal Tribune Online, 27.06.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/23295 (abgerufen am: 20.11.2024 )

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