Bei einer Störung des beA dürfen Rechtsanwälte sofort auf eine andere Form der Übermittlung ihrer Schriftsätze zurückgreifen, ein Zuwarten ist nicht nötig. Die Fehlfunktion müssen sie aber nachweisen, entschied der BGH.
Rund zwei Millionen Nachrichten werden an jedem Arbeitstag über das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) versandt. Meistens läuft es auch störungsfrei. Doch wie darf ein Rechtsanwalt vorgehen, wenn das beA in dem Zeitpunkt, in dem er einen Schriftsatz an das Gericht versenden will, gestört ist?
In dem Fall wollte ein Rechtsanwalt einen Schriftsatz mit einer Revisionsbegründung über das beA an den Bundesgerichtshof (BGH) versenden. Doch in dem Moment der Übersendung funktionierte es nachweislich nicht. Daher reichte der Rechtsanwalt seinen Schriftsatz per Post und Fax im Wege der sogenannten Ersatzeinreichung nach § 130d Satz 2 Zivilprozessordnung (ZPO) und wartete nicht, bis das beA wieder funktionierte, um dann den Schriftsatz erneut einzureichen.
Der BGH hat in einem in dieser Woche veröffentlichten Urteil entschieden, dass der Rechtsanwalt damit alles richtig gemacht hat (Urt. v. 25.05.2023, Az. V ZR 134/22). Zwar sei die Revisionsbegründung nicht in der Form des § 130d Abs. 1 ZPO als elektronisches Dokument beim Gericht eingereicht worden. Da es sich um eine Zulässigkeitsvoraussetzung handele, müsste dies von Amtswegen geprüft werden. Die sogenannte Ersatzeinreichung sei bei einer technischen Störung des beA aber möglich und der Schriftsatz gelte damit als fristgerecht zugegangen.
Technische Unmöglichkeit im Zeitpunkt der Übermittlung
Der BGH stellt klar, dass bei der Ersatzeinreichung gem. § 130d Satz 2 ZPO auf die vorübergehende technische Unmöglichkeit im Zeitpunkt der beabsichtigten Übermittlung abzustellen ist. Bei einer nicht absehbaren Dauer der Störung des beA darf ein Anwalt eine Ersatzeinreichung vornehmen, wenn er den Schriftsatz an das Gericht übermitteln will. Ein Zuwarten wird nicht verlangt. Der Anwalt müsse allerdings die Störung im Zeitpunkt des Versands von sich aus glaubhaft machen (§ 294 ZPO), etwa durch einen Screenshot der Seite oder einen entsprechenden Verweis auf die offizielle Seite der Bundesrechtsanwaltskammer.
Darüber hinaus entschied der BGH, dass der Anwalt sich nach einer zulässigen Ersatzeinreichung nicht weiter um eine elektronische Übermittlung vor Fristablauf bemühen muss. Er müsse also nicht mehr nachsehen, ob und wann das beA wieder funktioniert. Dass der Anwalt in diesem Fall nicht glaubhaft gemacht habe, dass er bis zum Büroschluss die Funktionsfähigkeit des beA weiterhin überprüft habe, sei daher unschädlich.
Im Übrigen ist ein elektronisches Dokument nach § 130d Satz 3 Halbsatz 2 ZPO bei ausreichender Ersatzeinreichung nur auf gerichtliche Anforderung nachzureichen.
Der BGH stellte in der bisherigen Rechtsprechung oft hohe Anforderungen an die Sorgfaltspflichten der Anwaltschaft. Mit dieser Entscheidung aber hat das Gericht einen praxisnahen Weg eröffnet, wie bei einer Störung vorzugehen ist. Der Rechtsanwalt darf gleich die Ersatzzustellung wählen, wenn nachweislich das beA nicht funktioniert, aus welchen Gründen auch immer, und muss nicht warten und immer wieder nachsehen, um dann seine Arbeit fortzusetzen, wenn das beA wieder funktioniert. Er kann also so arbeiten, wie es gewohnt ist.
BGH zur Störung beim elektronischen Anwaltspostfach (beA): . In: Legal Tribune Online, 25.07.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/52329 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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