2/2: Aufklärung auch über die Höhe des Anfangswerts
Der Kunde, der davon ausgeht, die Bank verdiene ausschließlich bei einem ihr günstigen Verlauf der Zinswette in Höhe der Zinsdifferenz, könne nicht erkennen, dass dieser anfängliche negative Marktwert eingepreist sei, so die BGH-Richter zur Begründung.
Das gilt, so stellen sie präzisierend klar, auch dann, wenn die Kommune nicht alle, sondern nur die für sie ungünstig verlaufenen Zinssatz-Swap-Verträge rückabwickeln will. Ein solches nachträgliches Vorgehen der Kommune habe nicht mehr als Indizwirkung dafür, dass sie die Verträge auch dann abgeschlossen hätte, wenn sie von dem eingepreisten anfänglichen negativen Marktwert gewusst hätte.
Die Richter knüpfen dabei auch an den gravierenden Interessenkonflikt an, welchen sie bereits 2011 zur Grundlage ihrer Entscheidung machten. Die Banken würden zwar als Vertragspartner des Kunden tätig, aber auch als dessen Berater - und müssten daher auch dessen Interessen wahren.
Diese Verpflichtung der Bank umfasst, wie der Senat weiter ausführt, auch die Information über die Höhe des anfänglichen negativen Marktwertes. Nur so könne der Kunde das eigene Interesse der Bank an der Empfehlung des Swap-Vertrages richtig einschätzen.
Nicht per se unwirksam: Auch Gemeinden können spekulieren
Auch wenn die Entscheidung bisher eher formal ein Etappensieg für die WestLB ist, weil eine Zurückverweisung immerhin besser ist als eine Niederlage, hat der Bankensenat doch eine Hoffnung der Kommunen zerschlagen: Die Zinssatz-Swap-Verträge sind nicht schon deshalb unwirksam - und die aus ihnen resultierenden Forderungen daher nicht mehr zu bedienen -, weil die Anleger Kommunen sind.
Selbst, wenn diese ausschließlich Spekulations-Gewinne hätten erzielen wollen, hätten sie damit weder ihren gemeindlichen Wirkungskreis überschritten noch gegen ein etwaiges gemeindliches Spekulationsverbot verstoßen, stellt der BGH klar.
Die rund 50 Gemeinden aus NRW, gegen welche die EAA nach Angaben eines Vertreters am Rande des BGH-Prozesses derzeit Prozesse führt, sind also nicht schon deshalb aus dem Schneider, weil sie Kommunen sind.
Kein Aufschub der Verjährung
Nach dem Urteil will jetzt auch die Stadt Pforzheim in Baden-Württemberg rechtliche Schritte gegen die Deutsche Bank prüfen. Bislang hatte Pforzheim sich mit dem Geldinstitut nicht einigen können. Die Gemeinde hatte mit Swap-Geschäften Millionenverluste eingefahren.
Dabei wird sie allerdings die Vorgaben des BGH zur Verjährung zu prüfen haben: Die Einwendung, die Bank habe den Kunden wegen einer Beratungspflichtverletzung so zu stellen, als habe er den Swap-Vertrag nicht abgeschlossen, verjährt genauso wie der ihr zugrundeliegende Anspruch auf Aufhebung der den Kunden belastenden Forderung aus dem Swap-Vertrag.
Auch bei einem Rahmenvertrag wird also der Verjährungsbeginn für die Ansprüche aus Beratungsverträgen im Zusammenhang mit dem Abschluss der Zinssatz-Swap-Verträge nicht einheitlich auf das letzte Geschäft verschoben.
Mit Materialien von dpa
Pia Lorenz, BGH verweist Zins-Swap-Streit zurück: . In: Legal Tribune Online, 28.04.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/15379 (abgerufen am: 16.11.2024 )
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