Wer seinen Audi erst nach Bekanntwerden des Dieselskandals gekauft hat, hat keinen Anspruch auf Schadensersatz gegen VW. Der Konzern habe nach Auffliegen des Skandals nicht mehr sittenwidrig gehandelt, entschied der BGH.
Ein Autokäufer, der einen gebrauchten Audi erst nach Bekanntwerden des sogenannten Dieselskandals gekauft hat, bekommt kein Geld vom VW-Konzern. Schadensersatzansprüche bestehen in diesem Fall nicht, wie der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshof (BGH) am Dienstag entschied (Urt. v. 08.12.2020, Az. VI ZR 244/20).
In dem Fall ging es um einen im Mai 2016 gekauften Audi mit dem vom Abgasskandal betroffenen Dieselmotor des Typs EA189. Vor dem Erwerb des Fahrzeugs, am 22. September 2015, hatte VW Aktionäre und die Öffentlichkeit in einer Ad-hoc-Mitteilung über die Schummel-Software bei diesen Dieselmotoren informiert. Das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) wertete die Programmierung als unzulässige Abschalteinrichtung und verpflichtete VW, die Vorschriftsmäßigkeit der betroffenen Fahrzeuge wiederherzustellen.
Das daraufhin von VW entwickelte Software-Update wurde im Januar 2017 bei dem Fahrzeug des Klägers aufgespielt. Der Autokäufer klagte und verlangte im Wesentlichen Ersatz des für das Fahrzeug gezahlten Kaufpreises abzüglich gezogener Nutzungen nebst Zinsen Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs. Das Landgericht (LG) Aurich wies seine Klage noch ab, vor dem Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg bekam der Mann dann aber Recht.
Keine Sittenwidrigkeit nach September 2015
Die Revision von VW hatte in Karlsruhe nun Erfolg. Das Gericht verwies dabei auf zwei seiner zum VW-Skandal gefällten Urteile. Ende Juli hatte der BGH entschieden, dass dem Wolfsburger Autobauer für die Zeit ab dem 22. September 2015 kein sittenwidriges Verhalten mehr vorgeworfen werden kann. Ab diesem Datum seien wesentliche Elemente, die das Unwerturteil ihres bisherigen Verhaltens gegenüber bisherigen Käufern begründeten, "derart relativiert, dass der Vorwurf der Sittenwidrigkeit bezogen auf ihr Gesamtverhalten gerade gegenüber dem Kläger nicht mehr gerechtfertigt ist".
Auch er Umstand, dass es im Streitfall um einen Audi und nicht um ein VW-Fahrzeug ging, ändere daran nichts. "Die Beklagte hat ihre Verhaltensänderung nicht auf ihre Kernmarke Volkswagen beschränkt", entschied das Gericht. Dass der Mann beim Verkaufsgespräch eine im Hinblick auf die Abgasproblematik unzutreffende Auskunft ("Wir sind Audi und nicht VW") erhielt könne laut BGH unter Umständen eine eigenständige Haftung des Autohauses begründen, sei aber nicht VW zuzurechnen.
acr/LTO-Redaktion
BGH zum Autokauf nach Bekanntwerden des Dieselskandals: . In: Legal Tribune Online, 08.12.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/43675 (abgerufen am: 24.11.2024 )
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