Artenschützer gegen Waldbauern: Streit um wilde Wisente vor dem BGH

12.11.2018

Aus Sicht von Artenschützern war die Auswilderung einer Herde Wisente im Sauerland ein voller Erfolg. Die Waldbauern sehen das anders, da die mächtigen Tiere die Wälder beschädigen. Nun muss der BGH entscheiden.

Mehr als fünf Jahre nach der Auswilderung von Wisenten bei Bad Berleburg erreicht ein Streit zwischen Waldbauern und einem Artenschutzverein den Bundesgerichtshof (BGH). Die Richter in Karlsruhe müssen entscheiden, wie es mit dem Projekt weitergeht. 2013 waren die ersten acht der mächtigen Wildtiere im Rothaargebirge ausgesetzt worden. Schnell gab es Nachwuchs und die Herde wechselte auch in benachbarte Wälder des Sauerlandes. Dort richteten die Tiere Schäden in den Buchenwäldern an - zum Frust der Waldbauern. Die Herde, die nach Schätzungen des Vereins etwas mehr als 20 Tiere und nach Schätzung der Waldbauern mehr als 30 Tiere hat, soll nach Ansicht der letzteren wieder aus dem Gebiet verschwinden.

Die Streitparteien warten jetzt auf eine Entscheidung des BGH. Laut der Vorinstanz, dem Oberlandesgericht (OLG) Hamm, lässt sich die Forderung der Waldbesitzer nur erfüllen, wenn die Tiere eingefangen und umgesiedelt werden. Die Tiere stehen aber unter besonderem Schutz und dürfen nicht einfach gejagt oder gefangen werden. Nach der OLG-Entscheidung müsste ausgerechnet der Verein, der die Wisente ausgewildert hat und sich für deren Freiheit einsetzt, eine Ausnahmegenehmigung zum Einfangen bei den Behörden beantragen. "Die Gruppe bewegt sich frei in den Wäldern. Wir haben keinen Überblick mehr. Genau so war es ja auch geplant", sagt Michael Emmrich vom Verein Wisent-Welt-Wittgenstein.

"Karlsruhe muss den Knoten durchschlagen"

Das OLG hat angesichts dieser paradoxen Situation eine Revision zum BGH zugelassen. "Jetzt muss Karlsruhe den Knoten durchschlagen", sagt der Anwalt eines Waldbauern, Dieter Schulz. Er hofft, dass der Streit nicht auch noch vor den Europäischen Gerichtshof geht und sich damit noch weitere Jahre hinziehen wird.

Schulz hat sich in der Vorwoche noch Schäden bei betroffenen Waldbauern vor Ort angeschaut. "Die bisher gezahlten Entschädigungen reichen einfach nicht aus", beklagt der Anwalt. Die großen Tiere würden nicht nur die Baumrinden durch ihren Biss schädigen, sondern auch die Aufforstung stören, wenn sie durch die Wälder streifen und dabei alles niedertrampelten.

Nach Angaben des Umweltministeriums von Nordrhein-Westfalen läuft die Vereinbarung über die Regulierung von Wisent-Wildschäden bis zum 31. Dezember 2022 weiter und verlängert sich um jeweils fünf Jahre. "Das Land steht weiterhin zu seiner Zusage, sich mit 50 Prozent, also bis zu 25.000 Euro pro Schadensfall jährlich, zu beteiligen", teilte ein Sprecher des Ministeriums auf Anfrage mit. Von 2013 bis 2017 seien rund 146.000 Euro für Wildschäden an private Waldbesitzer ausgezahlt worden.

Landes-Umweltministerin Ursula Heinen-Esser (CDU) will das Urteil des BGH zunächst abwarten und schauen, welche Spielräume es dann gibt, so der Ministeriumssprecher. Der BGH verhandelt am kommenden Freitag, dem 16. November ab neun Uhr den Fall. Ob anschließend noch am selben Tag ein Urteil verkündet wird, ist ungewiss.

dpa/acr/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

Artenschützer gegen Waldbauern: . In: Legal Tribune Online, 12.11.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/32031 (abgerufen am: 22.11.2024 )

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