BGH zur Kündigung eines Reisevertrags: Behör­den­fehler ist keine höhere Gewalt

16.05.2017

Weil die Bundesdruckerei ihre Reisepässe fälschlicherweise als abhandengekommen gemeldet hat, konnte eine Familie nicht in die USA einreisen. Für den Behördenfehler kann aber auch der Reiseveranstalter nichts, entschied der BGH.  

Scheitert eine Urlaubsreise völlig überraschend an Problemen mit den Pässen, bleiben Reisende im ungünstigsten Fall auf hohen Stornogebühren sitzen. Eine kostenlose Kündigung des Reisevertrags wegen höherer Gewalt ist nicht möglich - unabhängig davon, ob der Reisende etwas für die ungeeigneten Papiere kann oder nicht. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe am Dienstag entschieden (Urt. v. 16.05.20187, Az. X ZR 142/15). 

In dem zu entscheidenden Fall hatte eine Familie aus der Nähe von Nürnberg zwei Wochen lang durch die USA reisen wollen. Doch der Urlaub endete, bevor er überhaupt anfangen konnte: Mutter und Tochter wurden wegen ihrer neuen Reisepässe am Frankfurter Flughafen nicht an Bord gelassen. Sie hatten diese ordnungsgemäß beantragt und abgeholt. Was sie nicht wussten: Weil die Gemeinde den Empfang aber nie quittiert hatte, waren die Pässe als gestohlen gemeldet worden, weswegen sie auf der weltweiten Fahndungsliste landeten. Eine Einreise in die USA war damit unmöglich.

Um den vollen Reisepreis von mehr als 4.000 Euro zurückzubekommen, hatte die Familie den Reiseveranstalter verklagt. Damit blieb die Familie in den Vorinstanzen und nun auch vor dem BGH ohne Erfolg.

Passprobleme liegen in Risikosphäre des Reisenden

Unter höherer Gewalt werde ein von außen kommendes, keinen betrieblichen Zusammenhang aufweisendes und auch durch die äußerste vernünftigerweise zu erwartende Sorgfalt nicht abwendbares Ereignis verstanden, so die Karlsruher Richter. Davon erfasst sind beispielsweise Naturkatastrophen oder allgemeine staatlich angeordnete Reisebeschränkungen.

Das Erfordernis des fehlenden betrieblichen Zusammenhangs bringe dabei zum Ausdruck, dass die Ursache nicht in der (Risiko-)Sphäre des Reiseveranstalters liegen darf. Entsprechendes gelte auch für die andere Vertragspartei, erklärte der Senat: Höhere Gewalt liege ebenso wenig vor, wenn das Ereignis der Sphäre des Reisenden zuzurechnen ist.

Im Verhältnis zum Reiseveranstalter falle das Führen von für die Reise geeigneter Ausweispapiere in die Risikosphäre des Reisenden. Und zwar ohne dass es darauf ankäme, aus welchen Gründen die Pässe der Reisenden nicht ungültig oder ungeeignet seien, so die Richter. Maßgeblich sei allein, dass keine allgemeine Beschränkung der Reisemöglichkeiten vorlag, die jeden anderen Reisenden ebenso getroffen hätte, wie etwa eine kurzfristig eingeführte Visumpflicht.

acr/LTO-Redaktion

mit Materialien der dpa

Zitiervorschlag

BGH zur Kündigung eines Reisevertrags: . In: Legal Tribune Online, 16.05.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/22945 (abgerufen am: 12.11.2024 )

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