Der Schuldspruch gegen den ehemaligen thüringischen Innenminister Christian Köckert wegen Abgeordnetenbestechung und Vorteilsnahme in zwei Fällen ist rechtskräftig. Das entschied der BGH am Dienstag und bestätigte damit das vorinstanzliche Urteil des LG Meiningen. Die Vollstreckung der Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten wurde zur Bewährung ausgesetzt.
In zwei Fällen sah der Bundesgerichtshof (BGH) den Schuldspruch wegen Abgeordnetenbestechung und Vorteilsnahme für rechtmäßig an, in einem anderen Falle sprach er den angeklagten ehemaligen thüringischen Innenminister Christian Köckert vom Vorwurf der Vorteilsnahme frei (Urt. 17.03.2015, Az.: 2 StR 281/14).
Der Angeklagte, der zwischen 1999 und 2002 das Amt des thüringischen Innenministers bekleidete, wurde im September 2009 zum Beigeordneten und Stellvertreter des Oberbürgermeisters der Stadt Eisenach gewählt.
Wie aus der Pressemitteilung des BGH bekannt wurde, schloss der Ex-Innenminister am 28. Juli 2010 einen Beratervertrag mit einem Unternehmen, das sich mit der Projektentwicklung im Bereich erneuerbare Energien befasste. Darin verpflichtete er sich, die wirtschaftlichen Interessen des Vertragspartners gegen ein Entgelt von 700 Euro pro aufgewendetem Arbeitstag zu vertreten. In einer mündlichen Zusatzvereinbarung ließ sich der Angeklagte diese Vorteile dabei nicht nur für private Tätigkeiten, sondern auch für eine sich damit überschneidende Dienstausübung versprechen.
Der Angeklagte Köckert informierte den Oberbürgermeister zwar allgemein darüber, dass er einen Beratervertrag abgeschlossen habe, teilte ihm aber weder die genauen Konditionen noch die konkreten Tätigkeiten mit, die er seinem Vertragspartner in Rechnung stellte. Der Oberbürgermeister erteilte dem Angeklagten den Auftrag, im Zeitraum Oktober bis Dezember 2010 Verhandlungen mit dem Thüringer Bau- und Umweltministerium zu führen, in denen es um eine Erweiterung der sogenannten Windvorranggebiete ging. Der Angeklagte führte diesen Auftrag aus und nahm Einfluss auf eine entsprechende Beschlussvorlage des Stadtrats der Stadt Eisenach. Diese und andere Tätigkeiten rechnete er gegenüber seinem Vertragspartner als Beratungstätigkeit ab.
Mit Vereinbarung vom 20. Dezember 2010 wurde der ursprünglich bis zum 31. Dezember 2010 befristete Beratervertrag bis zum 31. Dezember 2011 verlängert. Der Angeklagte ließ sich in diesem Vertrag durch eine zumindest stillschweigend getroffene Zusatzvereinbarung auch für seine Dienstausübung Vorteile in Form eines Beratungshonorars versprechen.
Das Landgericht (LG) Meiningen wertete die Zusatzvereinbarungen zu den beiden Beraterverträgen jeweils als strafbare Vorteilsannahme gemäß § 331 Abs. 1 StGB und nahm an, eine Genehmigung der Vorteile durch den Oberbürgermeister habe nicht vorgelegen.
Zusatzvereinbarungen ohne Genehmigung des Oberbürgermeisters
Zudem schloss der Angeklagte im März 2011 mit einem anderen Unternehmen einen vergütungspflichtigen Beratungsvertrag, der eine Unterstützung bei der Bauleitplanung hinsichtlich der geplanten Ansiedelung eines Elektrofachmarkts in Eisenach zum Gegenstand hatte. Von der vom Angeklagten geschuldeten "Beratungs"-Leistung war nach einer mündlichen Zusatzvereinbarung auch umfasst, dass der Angeklagte bei einer künftigen Abstimmung des Stadtrats für die Aufhebung eines früheren, dem Interesse seines Auftraggebers entgegenstehenden Beschlusses und für eine geänderte Planung stimmen sollte, welche diesen Interessen entsprach. In einer Abstimmung des Stadtrats am 24. Juni 2011 stimmte der Angeklagte entsprechend ab. In diesem Verhalten des Angeklagten sah das LG Meniningen eine Abgeordnetenbestechung gemäß § 108e Abs. 1 StGB in der bis zum 31. August 2014 geltenden Fassung.
Gegen diese Verurteilung wandte sich die auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten, der einen Freispruch von allen Vorwürfen erstrebte. Die Staatsanwaltschaft beanstandete mit der Sachrüge den Teilfreispruch und die Strafzumessung des Landgerichts.
Zwar hob der 2. Strafsenat des BGH die für den zweiten Beratervertrag vom 20. Dezember 2010 verhängte Einzelstrafe und die Gesamtstrafe wegen eines Wertungsfehlers auf, verwarf beide Revisionen im Übrigen aber als unbegründet.
Der Angeklagte habe mit den Energie-Unternehmen korruptive Unrechtsvereinbarungen abgeschlossen, weder allgemeine Regelungen noch eine Genehmigung deckten die Entgegennahme der "Beraterhonorare", da der Ex-Innenminister wesentliche Inhalte der von ihm geschlossenen Verträge seinem Dienstherrn verschwiegen habe.
Auch die Verurteilung wegen Abgeordnetenbestechung sei nicht rechtsfehlerhaft, denn zum unausgesprochenen Inhalt des von Köckert geschlossenen Vertrags habe gehört, dass er selbst bei der als erforderlich vorausgesetzten (neuen) Abstimmung im Stadtrat für die seinen Auftraggeber begünstigende Planänderung stimmte.
Die Rechtskraft des Schuldspruchs wegen Abgeordnetenbestechung und Vorteilsnahme in zwei Fällen steht damit fest. Über die Strafzumessung hinsichtlich der aufgehobenen Einzelstrafe und der Gesamtstrafe muss nun eine andere Strafkammer des LG Meiningen neu befinden.
avp/LTO-Redaktion
BGH zu Abgeordnetenbestechung und Vorteilsnahme: . In: Legal Tribune Online, 17.03.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/14969 (abgerufen am: 05.11.2024 )
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