Mieter müssen die Kosten für einen Kabelanschluss zahlen, wenn das im Mietvertrag so geregelt ist. Der BGH rüttelt nicht an der geltenden Rechtslage. Das Thema hat sich aber bald erledigt.
Mieter müssen es noch eine Weile hinnehmen, dass Vermieter sie für die gesamte Dauer des Mietverhältnisses an einen kostenpflichtigen Breitbandkabelanschluss binden - und die Kosten abrechnen. Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe hat am Donnerstag entschieden, dass das nicht gegen das Telekommunikationsgesetz (TKG) verstößt (Urt. v. 18.11.2021, Az. I ZR 106/20).
Die Auswirkungen des Urteils sind aber nur noch von kurzer Dauer: Zum 1. Dezember 2021 tritt ein Gesetz in Kraft, das diese Praxis verbietet. Bis Ende Juni 2024 gibt es zwar noch eine Übergangsfrist. Danach bekommen jedoch alle Mieter die Wahlfreiheit – und das sogenannte Nebenkostenprivileg ist endgültig Geschichte.
Wettbewerbszentrale klagte gegen Wohnungsbaugesellschaft
Der BGH hatte über eine Klage der Wettbewerbszentrale gegen die Wohnungsanbieterin Vivawest zu entscheiden. Über 120.000 Mietwohnungen hat die Vivawest aus Gelsenkirchen im Angebot. Etwa 108.000 davon sind an ein Kabelfernsehnetz angeschlossen. Über diese Breitbandkabelanschlüsse werden Fernseh- und Hörfunkprogramme übertragen, außerdem sind darüber weitere Dienste wie Telefonate und Internet nutzbar.
Die Kosten, die die Vivawest für diese Versorgung über das Kabelnetz hat, legt sie nach den Mietverträgen als Betriebskosten auf die Mieterinnen und Mieter um. Eine Kündigung des Kabelanschlusses während des Mietverhältnisses ist laut Mietvertrag nicht möglich.
Die Wettbewerbszentrale war der Meinung, dass die Abrechnung über Betriebskosten gegen geltendes Recht verstößt. Wenn Mieter für einen Anschluss zahlen, den sie möglicherweise gar nicht nutzen oder nicht wollen, seien auch Anbieter alternativer Übertragungswege wie etwa Streamingdienste im Nachteil. Die Wettbewerbszentrale berief sich auf § 43b TKG, wonach ein Vertrag "zwischen einem Verbraucher und einem Anbieter von öffentlich zugänglichen Telekommunikationsdiensten" höchstens eine Mindestlaufzeit von 24 Monaten haben darf. Außerdem müsse es möglich sein, einen Vertrag für höchstens zwölf Monate abzuschließen.
BGH sieht keine Anwendung für TKG
Der I. Zivilsenat am BGH urteilte aber, dass in den Mietverträgen keine Mindestlaufzeit von mehr als 24 Monaten vereinbart sei. Das Unternehmen verwehre auch nicht den Abschluss von Verträgen mit höchstens einem Jahr Laufzeit. "Die Mietverträge werden von der Beklagten vielmehr auf unbestimmte Zeit geschlossen und können von den Mietern – entsprechend der gesetzlichen Regelung in § 537c Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) – bis zum dritten Werktag eines Kalendermonats zum Ablauf des übernächsten Kalendermonats gekündigt werden." § 43b TKG sei daher nicht anwendbar.
Auch eine entsprechende Anwendung scheide aus, da sich aus der Entstehungsgeschichte der Norm ergebe, dass der Gesetzgeber große Wohnungsbaugesellschaften gerade nicht einschließen wollte. Das bestätige auch die kommende Gesetzesänderung in § 71 TKG, wonach Mieterinnen und Mieter dann Telekommunikationsdienste im Rahmen des Mietvertrages nach 24 Monaten kündigen können.
Das Gericht wies die Revision der Wettbewerbszentrale damit zurück. Die Vorinstanzen (LG Essen, Urt. v. 31.5.2019, Az. 45 O 72/18; OLG Hamm, Urt. v. 28.5.2020, Az. I-4 U 82/19) hatten ebenfalls zugunsten von Vivawest entschieden.
Kabelfernsehen "nicht mehr zeitgemäß"
Betroffene Verbraucher müssen somit auf die Umsetzung der neuen Regelungen warten. "Die zwangsweise Umlage der TV-Kosten ist ein Relikt aus den Frühzeiten des privaten Kabelfernsehens und nicht mehr zeitgemäß", kommentierte Jens-Uwe Theumer vom Vergleichsportal Verivox das Urteil. "Längst ist HD-Fernsehen über andere Wege für unter zehn Euro im Monat möglich. Wenn Mieter bald selbst über ihren Anbieter entscheiden können, wird das ehemals starre Silodenken zwischen TV und Streaming weiter aufbrechen."
ast/dpa/LTO-Redaktion
BGH zu Kostenumlage: . In: Legal Tribune Online, 18.11.2021 , https://www.lto.de/persistent/a_id/46683 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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