Der SWR berichtet über einen Beschluss, mit dem der BGH im Mai die Verurteilung eines mutmaßlichen Terroristen aufhob. Dessen Verfahren war in der Vorinstanz wegen Überlastung von einem Senat an einen anderen abgegeben worden.
Gestützt auf den noch nicht öffentlich verfügbaren Beschluss des Bundesgerichtshofs (BGH) (v. 12.05.2015, Az. 3 StR 569/14) berichtet der SWR über die Gründe, die zur Aufhebung eines Strafurteils des Oberlandesgerichts (OLG) Düsseldorf geführt haben. Durch dessen 5. Strafsenat sei ein Mann wegen mehrerer Fälle von Unterstützung einer ausländischen terroristischen Vereinigung zu 3 Jahren und 3 Monaten Haft verurteilt worden.
Die Krux liegt am Anfang des Satzes: Denn zu Beginn des Verfahrens Anfang 2013 war ausweislich des Geschäftsverteilungsplans des OLG Düsseldorf eigentlich nicht der 5., sondern der 6. Strafsenat zuständig. Dort seien jedoch zu jener Zeit so viele weitere Verfahren anhängig gewesen, dass der Senat Überlastung anzeigte, woraufhin das fragliche Verfahren durch das Präsidium an den 5. Senat* übertragen worden sei. Überlastungsanzeigen und Umverteilungen von Verfahrenslast kommen in der Gerichtspraxis durchaus vor und sind nicht per se rechtswidrig.
Grundsatz des "Gesetzlichen Richters" verletzt
Allerdings, so referiert der SWR den BGH-Beschluss weiter, sei hier nur dieses eine Verfahren abgegeben worden. Weitere Maßnahmen zur Entlastung hätte das Präsidium nicht ergriffen, obwohl der 6. Senat nach eigener Aussage auf unbestimmte Zeit überlastet gewesen sei. Hierin sehe der BGH einen Verstoß gegen den Grundsatz des gesetzlichen Richters, der die Besetzungsrüge begründe.
Hintergrund der Entscheidung dürfte das Bestreben sein, eine gezielte Einflussnahme – oder auch nur den Anschein einer solchen – auf den entscheidenden Senat zu vermeiden. Reaktionen auf unterschiedlich hohe Arbeitslast müssen zwar, auch im Interesse der Verfahrensbeteiligten, möglich sein. Die Umverteilung eines einzelnen Verfahrens kann jedoch den Eindruck erwecken, als sei gerade dieses – aus welchen Gründen auch immer – gezielt einem bestimmten Senat zugeschoben worden.
* Anm. d. Red.: Hier stand zunächst 6. Senat. Geändert am 10.07.2015 um 00:02
Constantin Baron van Lijnden, BGH bestätigt Besetzungsrüge: . In: Legal Tribune Online, 09.07.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/16171 (abgerufen am: 18.11.2024 )
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