BFH legt Frage dem BVerfG vor: Erstausbildung keine Werbungskosten?

05.11.2014

Dürfen Aufwendungen für die erste Berufsausbildung weiterhin nicht als Werbungskosten geltend gemacht werden? Der BFH fragt sich, ob die Gesetzesänderung vor drei Jahren mit dem Grundgesetz vereinbar ist und hat die Frage nun dem BVerfG vorgelegt.

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) die Frage vorgelegt, ob es mit dem Grundgesetz (GG) vereinbar ist, dass nach § 9 Abs. 6 des Einkommensteuergesetzes (EStG) Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine Erstausbildung keine Werbungskosten sind, wenn diese nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfindet.

Ende 2011 wurde das Einkommenssteuergesetz rückwirkend bis 2004 dergestalt geändert, dass nunmehr Aufwendungen für die erste Berufsausbildung als Sonderausgaben zu qualifizieren sind und daher nicht mehr Jahre später als Werbungskosten bei der Steuererklärung geltend gemacht werden können.

Nach Auffassung des Bundesfinanzhofes (BFH) liegt darin jedoch ein Verstoß gegen das aus Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) abgeleitete verfassungsrechtliche Gebot der Besteuerung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit, welcher auch nicht mit Vereinfachung und Typisierung zu rechtfertigen sei.

In den insgesamt sechs Streitfällen, die zu den Vorlagen an das BVerfG führten, hatten beispielsweise Steuerpflichtige Ausbildungen zum Flugzeugführer auf eigene Kosten (rund 70.000 €) absolviert und waren danach als angestellte Berufspiloten für Fluggesellschaften tätig. Allen Fällen gemeinsam ist, dass die Steuerpflichtigen ihre Aufwendungen für die Berufsausbildung als vorweggenommene Werbungskosten geltend gemacht und die Feststellung entsprechend vortragsfähiger Verluste begehrt hatten, um diese dann in den folgenden Jahren mit ihren aus der Berufsfähigkeit erzielten Einkünften verrechnen zu können.

BFH: Einkommenssteuerrechtliche Berücksichtigung erforderlich

Der BFH ist nun der Ansicht, diese Aufwendungen seien beruflich veranlasst, da sie die notwendige Voraussetzung für die nachfolgende Berufstätigkeit seien und dementsprechend der Erzielung einkommenssteuerrechtlicher Einkünfte dienten. Berufsbildungskosten stellten gerade keine beliebige Einkommensverwendung dar, sondern gehörten zum zwangsläufigen und pflichtbestimmten Aufwand, der nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes (BVerfG) nicht zur beliebigen Disposition des Gesetzgebers stehe. Aus diesem Grund seien die Aufwendungen jedenfalls unter dem Aspekt der Existenzsicherung als Werbungskosten einkommenssteuerrechtlich zu berücksichtigen.

Nach dem BFH werde dem auch nicht dadurch entsprochen, dass ein Sonderausgabenabzug in Höhe von 4.000 € oder 6.000 € in Betracht komme. Dies liege daran, dass ein solcher Abzug gerade bei den betroffenen Auszubildenden und Studenten ins Leere gehe, da dieser nicht zu Verlustfeststellungen  diese typischerweise in den Zeiträumen, in denen ihnen Berufsausbildungskosten entstünden, noch keine eigenen Einkünfte erzielten. Verlustfeststellungen, die mit späteren Einkünften verrechnet werden könnten (so wie bei Werbekostenabzug), seien beim Sonderausgabenabzug gerade nicht möglich.

afl/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

BFH legt Frage dem BVerfG vor: . In: Legal Tribune Online, 05.11.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/13722 (abgerufen am: 17.11.2024 )

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