Nach Reformplänen der Ampel könnten Migranten künftig schneller den deutschen Pass bekommen. Wenn es nach dem CDU-Vorsitzenden Merz geht, soll ein Bekenntnis zu Israel zwingende Voraussetzung für eine Einbürgerung werden.
CDU-Chef Friedrich Merz hat im ZDF gefordert, dass Menschen in Deutschland künftig nur noch eingebürgert werden sollen, wenn sie das Existenzrecht Israels anerkennen. "Die zu schnelle Einbürgerung muss gestoppt werden", sagte der Oppositionsführer am Sonntagabend in der Sendung "Berlin direkt". Die Union wolle anders als die Ampel-Regierung erst Integration, dann eine Einbürgerung. Zu den Voraussetzungen müsse eine feste Vereinbarung mit den Einzubürgernden gehören, sich zur Sicherheit Israels bekennen, die schließlich Staatsräson Deutschlands sei. "Wer das nicht unterschreibt, hat in Deutschland nichts zu suchen", so Merz.
Bei der Bundesregierung stieß der Vorschlag von Merz auf Ablehnung. Sie hält ihn für überflüssig. Ein Sprecher des Bundesministeriums des Innern und für Heimat (BMI) verwies gegenüber LTO auf die geplante Reform des Staatsangehörigkeitsrechts: "Nach dem Regierungsentwurf, der derzeit im parlamentarischen Verfahren ist, soll im Staatsangehörigkeitsgesetz klargestellt werden, dass antisemitisch, rassistisch, fremdenfeindlich oder sonstige menschenverachtend motivierte Handlungen mit der Menschenwürdegarantie des Grundgesetzes unvereinbar sind und gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung verstoßen. Solche Handlungen schließen eine Einbürgerung folglich aus. Hierunter fällt natürlich auch israelfeindlicher Antisemitismus."
Grüne: "Neues Gesetz ermöglicht rechtssichere Handhabe"
Ähnlich reagierte auch Konstantin von Notz, Stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Grünen: "In unserer Reform des Staatsangehörigkeitsrechts wollen wir als Ampel ausdrücklich klarstellen, dass antisemitisch, rassistisch, fremdenfeindlich oder sonstige menschenverachtend motivierte Handlungen mit der Menschenwürdegarantie des Grundgesetzes nicht vereinbar sind und daher in solchen Fällen eine Einbürgerung ausgeschlossen ist." Das ermögliche eine rechtssichere Handhabe gegen Menschen, die das Existenzrecht Israels bestreiten. Darüber hinaus, so der Grünen-Politiker, sei bei der Einbürgerung heute bereits ein Bekenntnis zur freiheitlich demokratischen Grundordnung notwendig.
Der in der SPD-Bundestagsfraktion für das Staatsbürgerschaftsrecht zuständige Berichterstatter Hakan Demir sagte zu LTO: "Bereits jetzt können Verfassungsfeinde nicht eingebürgert werden. Denn das Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung und Straffreiheit sind Voraussetzungen für die Einbürgerung. Mit der Reform wird diese Linie weiter gestärkt." Um antisemitischen Einstellungen nachhaltig etwas entgegenzusetzen brauche es mehr politische Bildung, gute Sozialpolitik und stärkere gesellschaftliche Teilhabe, so der SPD-MdB.*
Etwas mehr Offenheit für Merz' Vorschlag kam indes von der FDP: Die Sicherheit und das Existenzrecht Israels seien elementare Bestandteile des deutschen Selbstverständnisses, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der Fraktion, Stephan Thomae zu LTO. "Wer das Existenzrecht Israels ablehnt, wer sich antisemitisch äußert oder antisemitisch handelt, der darf nicht eingebürgert werden. Dies müssen wir bei einer Reform des Staatsangehörigkeitsrechts berücksichtigen und ganz genau hinschauen, ob es noch Lücken gibt, die wir schließen müssen."
Linke kritisiert "rassistischen Vorschlag"
Nach Ansicht der Linken lenkt der Vorschlag des CDU-Vorsitzenden von der wahren Problematik ab, wie Clara Bünger, rechtspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, im Gerspräch mit LTO mittteilte: "Antisemitismus und insbesondere auch israelbezogener Antisemitismus sind ein großes Problem in Deutschland. Jüdische Mitbürger:innen müssen daher vor Angriffen geschützt werden. Gerade in Deutschland ist Antisemitismus tief verwurzelt. Zukünftig die Einbürgerung von einem Bekenntnis zum Existenzrecht Israels abhängig zu machen, wird dies nicht ändern."
Bünger warf Merz vor, mit seinem Vorschlag zu verharmlosen. Außerdem sei dieser rassistisch: "Merz verfolgt nicht das Ziel, das Problem gesamtgesellschaftlich anzugehen, sondern nur bestimmte Bevölkerungsgruppen wie Geflüchtete, vor allem Menschen muslimischen Glaubens, auszugrenzen und an den Pranger zu stellen." Die geforderten Bekenntnisse könnten wahre Gesinnungen nicht aufzeigen, so die Linken-Politikerin.
Zugleich stellt Bünger jedoch klar: "Auch bei der Einbürgerung sollte darauf hingewirkt werden, dass jegliche Formen von Diskriminierungen - auch Antisemitismus - nichts in Deutschland verloren haben. Dies kann z.B. durch zielführende Maßnahmen wie Bildungs- und Aufklärungsarbeit erreicht werden."
*ergänzt nach Veröffentlichung am 23.10.2023, 16:07 Uhr.
BMI und Grüne halten Merz-Vorschlag für überflüssig: . In: Legal Tribune Online, 23.10.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/52977 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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