"Habe stundenlang auf sie eingeredet, mit dem Töten aufzuhören"
Sie habe versucht, Mundlos und Böhnhardt vom Morden abzuhalten, erklärte Zschäpe. "Ich erinnere mich, dass ich stundenlang auf sie einredete, mit dem Töten aufzuhören." Sie habe immer wieder mit dem Gedanken gespielt, zur Polizei zu gehen und das Leben im Untergrund zu beenden. Doch wegen der Selbstmorddrohung ihrer Freunde sei die Lage für sie unlösbar gewesen.
Polizei und Geheimdienste waren den drei mutmaßlichen NSU-Terroristen jahrelang nicht auf die Spur gekommen - auch wegen gravierender Ermittlungsfehler. Erst im November 2011 flog das Trio nach einem Banküberfall in Eisenach auf. Zschäpes mutmaßliche Komplizen Mundlos und Böhnhardt töteten sich nach bisherigen Erkenntnissen damals selbst, um einer Festnahme zu entgehen.
Zschäpe gestand, an diesem Tag die letzte Fluchtwohnung der Gruppe in Zwickau in Brand gesetzt zu haben. Vor der Brandstiftung sei sie durchs Haus gegangen, um sicherzustellen, dass sich niemand mehr darin befinde. Anschließend sei sie planlos vier Tage quer durch Deutschland gefahren, bevor sie sich der Polizei gestellt habe. Seit Mai 2013 steht Zschäpe in München vor Gericht. Seit Prozessbeginn hatte sie bislang beharrlich geschwiegen. Neben ihr sind vier mutmaßliche Unterstützer angeklagt.
Opferanwalt spricht von "Lügendkonstrukt"
Der Opferanwalt Mehmet Daimagüler hält die Aussage der mutmaßlichen Neonazi-Terroristin Beate Zschäpe im NSU-Prozess für unglaubwürdig. Zschäpe habe in der Erklärung, die ihr Anwalt Mathias Grasel am Mittwoch präsentierte, ein "Lügenkonstrukt" vorgelegt. "Ich habe ihr heute kein Wort geglaubt", sagte Daimagüler. "Sie kann diese Art von Entschuldigung behalten."
Der Nebenklage-Anwalt Stephan Lucas sagte: "Heute hat man sehr gut verstehen können, warum es manchmal klug ist, einfach den Mund zu halten." Er ergänze: "Wenn das alles ist, was Frau Zschäpe uns zu sagen hatte, dann hätte sie besser gar nichts gesagt."
Bundesanwalt Herbert Diemer sagte: "Wir werden diese Einlassung natürlich genauestens prüfen." Sie sei "ein Beweismittel unter vielen". Eine Bewertung wolle er noch nicht vornehmen. "Alles andere wäre unprofessionell."
dpa/una/LTO-Redaktion
Einlassung im NSU-Prozess: . In: Legal Tribune Online, 09.12.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/17798 (abgerufen am: 22.11.2024 )
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