Wie bereits die Kollegen in Rheinland-Pfalz, haben auch die bayerischen Verfassungsrichter den Rundfunkbeitrag für verfassungskonform erklärt. Die in zwei Popularklagen erhobenen Einwände zur Gesetzgebungskompetenz des Landes und zum Datenschutz ließen sie nicht gelten. Das Klägerunternehmen Rossmann will sein Anliegen nun vor dem VG weiterverfolgen.
Die Drogeriekette Rossmann und der Jurist Ermano Geuer haben ihre Popularklagen vor dem Bayerischen Verfassungsgerichtshof (BayVerfGH) auf ganzer Linie verloren.
Die Vorschriften des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags über die Erhebung eines Rundfunkbeitrags für jede Wohnung und für Betriebsstätten sowie für Kraftfahrzeuge sind mit der Bayerischen Verfassung vereinbar, so das Gericht (Urt. v. 15.05.2014, Az. Vf. 8-VII-12 und Vf. 24-VII-12).
Keine Steuer: Länder gesetzgebungsbefugt
Der Rundfunkbeitrag sei keine Steuer, was dazu führe, dass die Gesetzgebungskompetenz - anders als von den Beschwerdeführern vorgetragen - nach Art. 70 Abs. 1 Grundgesetz (GG) bei den Ländern liege. Im Gegensatz zu einer Steuer werde der Rundfunkbeitrag nämlich nicht "voraussetzungslos" geschuldet, sondern als Gegenleistung für das Programmangebot des öffentlich-rechtlichen Rundfunks erhoben.
Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zwinge den Gesetzgeber nicht, Befreiungen für Personen vorzusehen, die den öffentlich-rechtlichen Rundfunk nicht nutzen wollen.
Es sei auch nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber bei der Höhe des Beitrags seinen Gestaltungsspielraum überschritten habe. Die 17,98 Euro im Monat entsprächen der Summe aus monatlicher Grundgebühr und Fernsehgebühr, die auch bisher erhoben worden sei. Wer sich dies nicht leisten könne, könne von der Beitragspflicht nach einer Härtefallregelung befreit werden.
Für Unternehmen sei die finanzielle Belastung mit Blick auf die einzelne Betriebsstätte oder das einzelne Kraftfahrzeug gering. Auch soweit sich die Höhe des Beitrags bei großen Betrieben mit zahlreichen Filialen erheblich vervielfachen könne, lasse sich ein grobes Missverhältnis zu den verfolgten Zwecken der Kostendeckung und des Vorteilsausgleichs nicht erkennen.
Egal ob"Medienverweigerer" oder "medienaffine" WG
Der Rundfunkstaatsvertrag verstoße auch nicht gegen den Gleichheitssatz. Anknüpfungspunkt für die Beitragspflicht sei die Möglichkeit der Programmnutzung, die im privaten Bereich typisierend den einzelnen Wohnungen und damit den dort regelmäßig in einem Haushalt zusammenlebenden Personen zugeordnet werde.
So könnten verschiedene Lebenssachverhalte – vom allein lebenden "Medienverweigerer" über die "typische" Familie bis hin zur "medienaffinen" Wohngemeinschaft – zusammengefasst und einer einheitlichen Beitragspflicht unterworfen werden, die sämtliche Möglichkeiten der Rundfunknutzung abdecke.
Damit solle im Vergleich zur früheren gerätebezogenen Rundfunkgebühr die Erhebung des Beitrags deutlich vereinfacht und der Schutz der Privatsphäre verbessert werden, weil Ermittlungen "hinter der Wohnungstüre" entfallen. Die Typisierung verhindere außerdem eine Benachteiligung der Rechtstreuen und diene damit einer größeren Abgabengerechtigkeit.
Meldedatenabgleich
Auch an dem vorgesehenen Abgleich der Meldedaten hatten die Richter nichts auszusetzen. Den Landesrundfunkanstalten solle dadurch ermöglicht werden, die bereits für den Einzug der früheren Rundfunkgebühren gespeicherten Daten einmalig mit dem Melderegister abzugleichen und zu vervollständigen. Die damit angestrebte Vermeidung eines Vollzugsdefizits und die Herstellung größerer Beitragsgerechtigkeit seien legitime Zwecke, die einen Eingriff in das Recht der informationellen Selbstbestimmung rechtfertigten.
Der Kläger Ermano Geuer hatte zudem kritisiert, dass die Behörden Daten wie frühere Nachnamen oder den Familienstand nicht bräuchten, um den Rundfunkbeitrag korrekt einzuziehen. Das sahen die bayerischen Verfassungsrichter anders. Die Daten seien sämtlich nötig, um den Beitragsschuldner eindeutig zu identifizieren und die Beitragspflicht der Höhe nach festzustellen.
Am Dienstag hatte der Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz bereits ein ähnliches Urteil gefällt.
Geuer sieht Systembruch bei Kraftfahrzeugen
Er habe schon gehofft, zumindest teilweise zu gewinnen, sonst hätte er ja gar nicht erst geklagt, sagte Geuer nach der Urteilsverkündung. Es hätte ihn aber noch mehr überrascht, wenn der Gerichtshof ihm und Rossmann in allen Punkten Recht gegeben hätte.
Geuer bedauert, dass die Richter nicht das Argument aufgegriffen haben, wonach die Erhebung des Rundfunkbeitrags für betrieblich genutzte Kraftfahrzeuge ein Systembruch sei. "Man kann die Beitragspflicht nicht grundsätzlich von der Möglichkeit des Rundfunkempfangs lösen und stattdessen an sogenannte Raumeinheiten anknüpfen, dann bei Kraftfahrzeugen gleich wieder gegen dieses System verstoßen, indem man eben doch wieder an den Rundfunkempfang anknüpft beziehungsweise Kraftfahrzeuge künstlich zu Raumeinheiten erklärt", sagt Geuer.
Ob er nach der erfolglosen Klage vor dem BayVerfGH auch noch den Verwaltungsrechtsweg beschreiten will, hat Geuer noch nicht entschieden. "Das braucht einen langen Atem." Ein anderes Ergebnis könne erst beim Bundesverwaltungsgericht oder durch eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht herauskommen. "Aber da sind die Gerichte eher zurückhaltend." In jedem Fall will er sich aber wissenschaftlich mit den Entscheidungen aus Bayern befassen.
Rossmann will Klärung durch Bundesverwaltungs oder -verfassungsgericht
Rossmann hatte den Verwaltungsgerichtsweg bereits im November 2012 eingeschlagen - genauso wie unter anderen der Autovermieter Sixt. Das Urteil aus Bayern sei nun keine "abschließende Festlegung für die Verfahren vor den Verwaltungsgerichten, da die Frage, ob die Länder überhaupt die Gesetzgebungskompetenz für den Staatsvertrag hatten, letztlich durch das Bundesverfassungsgericht entschieden werden" müsse, teilte das Unternehmen am Donnerstag mit. Denn die Gesetzgebungskompetenzen stünden im Grundgesetz und würden im Popularklageverfahren am Maßstab der Bayerischen Verfassung nur sehr eingeschränkt geprüft.
Rossmann will die Angelegenheit daher in jedem Fall vor dem Verwaltungsgericht (VG) Hannover weiterverfolgen. "Hier besteht die Chance, das Verfahren bis vor das Bundesverwaltungsgericht zu bringen und so den Rundfunkbeitrag doch noch gerechter und transparenter zu gestalten", so Pressesprecher Stephan-Thomas Klose.
cko/LTO-Redaktion
BayVerfGH zu Rundfunkbeitrag: . In: Legal Tribune Online, 15.05.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/11986 (abgerufen am: 16.11.2024 )
Infos zum Zitiervorschlag