BayVGH zu Corona-Maßnahmen: Große Geschäfte ver­fas­sungs­widrig benach­tei­ligt

27.04.2020

Auf die Größe kommt es an – und das verstößt laut BayVGH gegen das Grundgesetz. Buchhandlungen und Fahrradläden dürfen seit Montag in Bayern wieder öffnen. Andere Einzelhandelsbetriebe auch - aber nur bis 800 Quadratmeter Verkaufsfläche.

Die Verkaufsflächenregelung wegen der Coronakrise entspricht nicht dem Gleichheitsgrundsatz. Das entschied am Montag der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) in einem Eilverfahren (Beschl. v. 27.4.2020, Az.: 20 NE 20.793).

Seit vergangener Woche Montag dürfen in Bayern beispielsweise Baumärkte wieder öffnen, ab dem heutigen Montag auch Fahrradläden und Buchhandlungen. Andere Einzelhändler dürfen ihre Läden ebenfalls öffnen – aber nur, soweit die Verkaufsräume eine Fläche von 800 Quadratmeter nicht überschreiten. Dagegen stellte eine im Einzelhandel tätige Warenhauskette einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen die bayerischen Corona-Regelungen.

Damit hatte die Kette nun Erfolg: Bayerns höchstes Verwaltungsgericht hat das von der Staatsregierung in der Coronakrise verhängte Verkaufsverbot für große Geschäfte mit mehr als 800 Quadratmetern Verkaufsfläche für verfassungswidrig erklärt. Die Richter bewerteten die Verkaufsflächenregelung wegen der Ungleichbehandlung im Vergleich zu kleineren Läden als Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes. Die Freistellung bestimmter Geschäfte von der Regelung sei aus infektionsschutzrechtlicher Sicht nicht gerechtfertigt.

Außerdem beanstandeten die Richter, dass nach dem Wortlaut der Verordnung im Fall der Ladenöffnung nur "sonstige Einzelhandelsbetriebe" eine Begrenzung der Kundenzahl auf einen Kunden pro 20 Quadratmeter sicherstellen müssen. Für die übrigen Einzelhändler, die bereits vor dem 27. April 2020 öffnen durften, sowie Buchhandlungen, Kfz-Handel und Fahrradhandel gelte dies jedoch nicht. Das ist für den Senat ebenfalls nicht mit dem Gleichheitsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 3 Grundgesetz vereinbar.

Unmittelbare praktische Folgen hat die Entscheidung aber nicht. Das Gericht setzte die Vorschrift wegen der Pandemie-Notlage "ausnahmsweise" nicht außer Kraft, wie es in seiner Mitteilung zu der Entscheidung hieß. Stattdessen beschränkte sich der 20. Senat darauf, die Unvereinbarkeit mit dem Grundgesetz festzustellen. 

Vergangene Woche hatte bereits das Verwaltungsgericht Hamburg keine infektionsschutzrechtliche Rechtfertigung für die Unterscheidung von Läden mit weniger bzw. mehr als 800 Quadratmeter Verkaufsfläche gesehen.

ast/LTO-Redaktion

mit Materialien der dpa

Zitiervorschlag

BayVGH zu Corona-Maßnahmen: . In: Legal Tribune Online, 27.04.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/41430 (abgerufen am: 20.11.2024 )

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