Der Zehnte Senats des BAG erklärte mit Beschluss vom Mittwoch, nicht weiter an dem Grundsatz festzuhalten, dass in einem Betrieb in der Regel nur ein Tarifvertrag gelten soll.
Der Zehnte Senat verneinte damit mit Beschlüssen vom Mittwoch (10 AS 2/10, 10 AS 3/10 - noch nicht veröffentlicht) die Anfragen des Vierten Senats vom 27. Januar 2010 (4 AZR 537/08 (A), 4 AZR 549/08 (A), ob der Zehnte Senat am Grundsatz der Tarifeinheit festhalte.
Künftig können in einem Betrieb nun mehrere Tarifverträge nebeneinander bestehen.
Der Vierte Senat hatte in seinem Anfragebeschluss vom Januar erklärt, den bis dahin einhellig vom Vierten und Zehnten Senat vertretenen Grundsatz der Tarifeinheit aufgeben zu wollen.
In dem dort zu entscheidenden Fall lag bei einem Klinikum, das von zwei Ärzten auf Zahlung von Zulagen in Anspruch genommen wurde, Tarifpluralität vor. Der Betrieb wurde also vom Geltungsbereich zweier, von verschiedenen Gewerkschaften geschlossenen Tarifverträge für Arbeitsverhältnisse derselben Art erfasst, für die Arbeitnehmer fand je nach Tarifgebundenheit nur ein Tarifvertrag Anwendung. Die Ärzte waren Mitglieder der Ärztegewerkschaft Marburger Bund (MB), die Kliniken wandten auf alle Beschäftigten den mit Verdi vereinbarten Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) an, den der Marburger Bund nicht mit unterzeichnet hatte.
Nach dem Grundsatz der Tarifeinheit, der in der Literatur heftig kritisiert wurde, hätte nur ein, nämlich der für den Betrieb speziellere Tarifvertrag Anwendung gefunden. Dies wurde mit "übergeordneten Prinzipien der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit" begründet.
Der Vierte Senat nahm nun im Januar Bezug auf die unmittelbare und zwingende Geltung eines Tarifvertrages (§ 3 ABs. 1, 4 Abs. 1 TVG) bei unmittelbarer Tarifgebundenheit und erklärte einen Rechtssatz wie die Verdrängung eines Tarifvertrages und die Geltung nur eines anderen für nicht existent.
Dies bestätigt nun auch der Zehnte Senat mit den deutlichen Worten "Es gibt keinen übergeordneten Grundsatz, dass für verschiedene Arbeitsverhältnisse derselben Art in einem Betrieb nur einheitliche Tarifregelungen zur Anwendung kommen können."
Rechtsklarheit und -sicherheit könnten, so der Vierte Senat in seinem Anfragebeschluss vom Januar, auch durch die Auflösung einer Tarifpluralität häufig nicht erreicht werden. Die Voraussetzungen für eine Verdrängung solcher zwingenden Tarifverträge durch richterliche Rechtsfortbildung lägen nicht vor, diese Verdrängung sei auch mit dem Grundrecht der Koalitonsfreiheit nicht zu vereinbaren.
Die Entscheidungsgründe des Beschlusses des Zehnten Senats vom Mittwoch liegen noch nicht vor. Das Ende der Tarifeinheit dürfte damit jedoch besiegelt sein.
BAG: . In: Legal Tribune Online, 24.06.2010 , https://www.lto.de/persistent/a_id/803 (abgerufen am: 22.11.2024 )
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