Wer Hinweise auf den Verbleib der Waffen der Bundeswehr liefere, erhalte vom MAD eine hohe Belohnung. So gab es zumindest eine Aktion der Satireinitiative "Zentrum für politische Schönheit" zu verstehen. Nun folgte die Anklage.
Nach einer Aktion der Satire- und Politikinitiative "Zentrum für politische Schönheit" (ZPS) zu Bundeswehr-Waffen hat die Berliner Staatsanwaltschaft Anklage erhoben. Die Behörde wirft dem Initiator der Amtsanmaßung und Fälschung beweiserheblicher Daten vor.
Bei dem Angeschuldigten handelt es sich um Philipp Ruch, Sprecher und einer der Gründer des ZPS, wie dieser der Deutschen Presse-Agentur bestätigte. Mit der Aktion "Wo sind unsere Waffen?" wollte das die Initiative nach eigenen Angaben auf die vermissten Waffen aus den Beständen der Bundeswehr aufmerksam machen. Dafür soll der 42-Jährige die Website www.unsere-waffen.de erstellt haben, auf der angeblich der Militärische Abschirmdienst (MAD) denjenigen eine Belohnung in Höhe von 1.000 Euro versprach, die Auskunft zum Verbleib von Waffen der Bundeswehr geben.
Dazu wurde laut Staatsanwaltschaft ein vermeintliches Hinweisportal des MAD eingerichtet. Zudem soll angeblich im Namen des Bundesamtes für den Militärischen Abschirmdienst etwaigen Zeugen Straffreiheit für bis zum 31. Oktober 2020 erteilte Hinweise zugesagt worden sein. Um offizieller zu wirken, soll die Website mit einer Selbstbeschreibung des MAD, dem Hoheitszeichen der Bundeswehr und angeblichen Schreiben des MAD, unter anderem auch an die damalige Bundesverteidigungsministerin, versehen gewesen sein.
War die Aktion von der Kunstfreiheit gedeckt?
Das Amtsgericht Tiergarten muss nun klären, ob sich der 42-Jährige strafbar gemacht hat. Ruch ist der Meinung, die Satireaktion sei von der Kunstfreiheit gedeckt. "Wir sind uns sehr sicher, dass die Kunstfreiheit greift und uns beschützt", sagte er.
Aus Sicht der Staatsanwaltschaft sind die Grenzen der Kunstfreiheit überschritten. Die Staatsanwaltschaft verwies auf einem ihrer Ansicht nach ähnlich gelagerten Verfahren gegen das ZPS, in dem es um die Auftragsannahme als "Flyerservice Hahn" für die Verteilung von Wahlkampfflyern der AfD ging. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft habe das Landgericht Berlin im Mai 2022 in einem Beschwerdeverfahren noch verneint, dass dies von der Kunstfreiheit gedeckt sei. Es habe sich "vorrangig [um] eine plakative Aktion und keine freie, schöpferische Gestaltung, in der Eindrücke, Erfahrungen und Erlebnisse des Künstlers durch das Medium einer bestimmten Formsprache zur Anschauung gebracht werden" gehandelt.
Das Zentrum für politische Schönheit gerät nicht das erste Mal ins Visier der Strafjustiz. 2017 hatte die Künstlergruppe in der Nachbarschaft des AfD-Politikers Björn Höcke einen Nachbau des Berliner Holocaust-Mahnmals eröffnet. Die Künstler kündigten damals an, Höcke überwacht zu haben und Informationen über ihn veröffentlichen zu wollen. So sollte unter anderem ein "zivilgesellschaftlicher Verfassungsschutz" gegründet werden. Die Staatsanwaltschaft Gera ermittelte deswegen gegen die Aktionskünstler wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung nach § 129 Strafgesetzbuch (StGB). Nur wenige Tage nach Bekanntwerden des Ermittlungsverfahrens wurde bekannt, dass der ermittelnde Staatsanwalt der AfD nahe stehen soll. Der Staatsanwalt wurde in der Folge "auf eigenen Wunsch" mit anderen Aufgaben betraut, die Ermittlungen wurden schließlich eingestellt.
dpa/lmb/LTO-Redaktion
Nach Aktion zu verschwundenen Bundeswehrwaffen: . In: Legal Tribune Online, 20.04.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/51587 (abgerufen am: 21.11.2024 )
Infos zum Zitiervorschlag