Verschicken Unternehmen trotz eines Widerspruchs Werbemails an Kunden, greifen sie unzulässig in deren Privatsphäre ein. Zudem sei der Widerspruch an keine bestimmte Form gebunden. Das hat das AG München klargestellt.
Werbe-E-Mails ohne Zustimmung stellen einen Eingriff in das allgemeines Persönlichkeitsrecht dar, wenn der Empfänger nicht vorher ausdrücklich eingewilligt hat. Das hat das Amtsgericht (AG) München entschieden (Urt. v. 05.08.2022, Az. 142 C 1633/22)
Seine E-Mail-Adresse nutzte der Empfänger unter anderem für berufliche Zwecke. Obwohl er dem Pay-TV Anbieter in einer E-Mail widersprochen hatte, dass seine personenbezogenen Daten zu Werbezwecken verwendet werden, hatte er trotzdem weiter Werbemails erhalten. Außergerichtlich hatte er den Anbieter zur Unterlassung aufgefordert - ohne Erfolg. Deshalb hatte er Klage erhoben. Der Empfänger ist der Ansicht, sein Widerspruch sei wirksam. Dieser könne nach der Datenschutzgrundverordnung jederzeit und insbesondere formlos erfolgen.
Recht gab das AG dem Empfänger. Er habe einen Unterlassungsanspruch aus § 823 Abs. 1, § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB wegen eines rechtswidrigen Eingriffs in sein allgemeines Persönlichkeitsrecht.
Die Verwendung von elektronischer Post für die Zwecke der Werbung gegen den eindeutig erklärten Willen des Empfängers greife in seine geschützte Privatsphäre ein. Er habe das Recht, im privaten Bereich in Ruhe gelassen zu werden, begründete das Gericht seine Entscheidung.
Allgemeines Persönlichkeitsrecht schützt vor Belästigungen
Jeder müsse seine Privatsphäre freihalten und von unerwünschter Einflussnahmne anderer schützen können. Das beinhalte die Möglichkeit des Betroffenen, selbst darüber zu entscheiden, mit welchen Personen und gegebenenfalls in welchem Umfang er mit ihnen Kontakt haben will. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht könne deshalb vor Belästigungen schützen, die von einer unerwünschten Kontaktaufnahme ausgehen. In der bloßen - als solcher nicht ehrverletzenden - Kontaktaufnahme könne aber regelmäßig nur dann eine Beeinträchtigung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts liegen, wenn sie gegen den eindeutig erklärten Willen des Betroffenen erfolge. Ansonsten sei die Freiheit des kommunikativen Verhaltens schwerwiegend beeinträchtigt, erklärte das AG und berief sich dabei auf ein BGH-Urteil aus dem Jahr 2015 (Urt. v. 15.12.2015, Az. VI ZR 134/15).
Nach dem Widerspruch des Klägers war das Übersenden von Werbung mittels elektronischer Post unzulässig, weil der Beklagten der entgegenstehende Wille des Klägers erkennbar war.
Nicht nachvollziehbar sei der Einwand des Pay-TV Anbieters, der Empfänger hätte in seinem "Kundenverwaltungssystem" bestimmte Einstellungen tätigen müssen, um keine Werbemails zu erhalten. Das AG hat klargestellt, dass der Widerspruch an keine bestimmte Form gebunden ist. Die Verwaltung der Kundendaten obliege allein dem Anbieter und könne nicht auf Kund:innen abgewälzt werden.
Die für den Unterlassungsanspruch erforderliche Wiederholungsgefahr werde durch das festgestellte rechtsverletzende Verhalten des Anbieters indiziert. Sollte der Anbieter zuwiderhandeln, droht ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000 Euro oder ersatzweise Ordnungshaft.
cp/LTO-Redaktion
AG München zu unzulässiger Werbung: . In: Legal Tribune Online, 19.08.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/49369 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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