Ein Ehepaar aus München fühlte sich durch die Außenkameras seines Nachbarn beobachtet. Auch wenn die Kameras nicht in ihren Wintergarten zeigten, bestehe doch ein "Überwachungsdruck". Das sah das örtliche AG anders.
Ist der Nachbar neugierig oder will er nur Straftaten auf seinem Grundstück aufklären? Die bloße Möglichkeit, von den Überwachungskameras des Nachbarn erfasst zu werden, kann jedenfalls noch zumutbar sein, entschied das Amtsgericht (AG) München in einer am Freitag veröffentlichten Entscheidung (Urt. v. 22.11.2018, Az. 213 C 15498/18).
Überwacht gefühlt hatte sich ein Ehepaar aus München. Dessen Wintergarten steht in unmittelbarer Nähe zum Nebengrundstück. Dort hatte der Nachbar zwei Überwachungskameras installiert, weil es in der Vergangenheit in diesem Bereich mehrfach zu Beschädigungen an seinem Anwesen gekommen war.
Polizei: Kameras filmten nur das eigene Grundstück
Die Eheleute zeigten ihren Nachbarn, mit dem sie seit Jahren Streit haben, daraufhin bei der Polizei an. Sie waren der Meinung, dass eine der Kameras unmittelbar auf ihren Wintergarten ausgerichtet sei und unter anderem die dort nackt spielenden Kinder filmte. Durch das Dach des Wintergartens könnten sie direkt in die Linse der Kamera schauen.
Bei einer rechtmäßig angeordneten Durchsuchung stellte die Polizei allerdings fest, dass die Kamera ausschließlich das Grundstück des Nachbarn filmte und der Einstellungsbereich auch nur manuell von außen geändert werden kann, also nicht etwa durch eine Steuerungs-Software oder ähnliches von innen heraus.
Die Eheleute waren davon überzeugt, dass sich ihr Nachbar auf die Durchsuchung entsprechend vorbereitet habe. In jedem Falle aber bestehe so oder so ein Überwachungsdruck dadurch, dass der Nachbar die Kameras jederzeit für Aufzeichnungen ihres Grundstücks umstellen könne.
Die auf Beseitigung und Unterlassung gerichtete Klage der Eheleute hat das AG München nun aber abgewiesen, weil die bloße Möglichkeit, von Überwachungskameras erfasst zu werden, für die beiden keinen unzulässigen Eingriff in ihr allgemeines Persönlichkeitsrecht darstelle.
AG: Kein Überwachungsdruck bei fest installierter Kamera
Die Münchener Richterin stellte zunächst fest, dass die Linse der Kamera an dem Wintergarten des Ehepaars vorbei auf das eigene Vordach des Nachbarn zeigte. Dies bestätigten die Polizeibeamten, die bei der Durchsuchung über das Smartphone des Nachbarn Live-Bilder der installierten Kamera einsehen konnten, die demnach nur seinen höchstpersönlichen Lebensbereich filmten.
Ein bloßer Überwachungsdruck stelle für die Eheleute jedenfalls keinen unzulässigen Eingriff in ihr allgemeines Persönlichkeitsrecht dar, so das AG München. Denn um die Kamera neu auszurichten, müsse ihr Nachbar durch ein Fenster auf sein Vordach steigen, sodass dem Ehepaar eine Veränderung auffallen würde. In der Vergangenheit gegeneinander geführte Rechtsstreitigkeiten reichten für diese Annahme ebenfalls nicht aus, zumal der Nachbar ein nachvollziehbares Interesse habe, sich mit den Kameras vor weiteren Beschädigungen zu schützen.
Die Einzelrichterin berücksichtigte dabei, dass auch die Eheleute ihrerseits an der Vorderseite Ihres Hauses Kameras installiert haben, welche auch den öffentlichen Gehweg vor ihrem Haus filmen. Deswegen sei es widersprüchlich, dass sie in dem entsprechenden Parallelverfahren für sich das Recht in Anspruch nehmen, ihr Grundstück und sogar Teile des öffentlichen Gehwegs filmen und überwachen zu dürfen.
mgö/LTO-Redaktion
AG München zu Überwachungskameras in der Nachbarschaft: . In: Legal Tribune Online, 30.11.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/32439 (abgerufen am: 01.11.2024 )
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